Fanny Hallöchen in die Runde 👋 ich habe heute morgen den ersten Teil gelesen und muss sagen, dass mir das Buch bisher sehr zusagt. Mir gefällt es besonders dass in jedem Kapitel eine andere Person im Vordergrund steht. Normalerweise bin ich nicht der größte Fan von Geschichten, die so aufgebaut sind, weil man immer seine „Lieblingsprotagonisten“ hat, auf deren Perspektive man sich sehr freut und Personen, deren Geschichte einen eher langweilt, so dass man auf bestimmte Kapitel sehr gespannt ist und andere lieber überspringen würde, aber das ist hier überhaupt nicht der Fall, was wahrscheinlich auch an der interessanten Verflechtung der Geschichten der Personen liegt, so dass die Kapitel eher ineinander übergehen und sich ergänzen.
Und zunächst einmal möchte ich sagen, dass ich natürlich besonders gerne Bücher lese, in denen es auch um die Liebe zur Sprache und zu Büchern geht, und bei Zeilen wie „Muss man sich wirklich zwischen der Poesie und dem Leben entscheiden? Zwischen dem Schönen und dem Vernünftigen?“ (S.45) schmelze ich dahin haha. 🤗
Ich finde, die Autorin schafft es sehr gut, jeder Protagonistin schnell einen eigenen Charakter zu geben und den Leser in ihre Lebensgeschichte eintauchen zu lassen. Die Figuren wirken auf mich sehr anschaulich und lebendig. 👥
Insgesamt bin ich leicht zwiegespalten, was den Schreibstil von Léost bis hierher angeht - ich finde ihn an vielen Stellen sehr angenehm und schön ausgeschmückt, manchmal wirkt er auf mich aber auch etwas sperrig, so dass ich nicht in diesen Lesefluss komme, in dem man das Buch aufschlägt und komplett in eine andere Welt eintaucht.
Ich finde zum Beispiel, dass die Autorin sehr viele Vergleiche benutzt, die ich manchmal sehr schön finde, in anderen Situationen aber etwas befremdlich und vielleicht auch zu viel. Beispielsweise ganz am Anfang hat mir der Vergleich „Von der ersten Unterrichtsstunde an nimmt Marguerite ihre Klasse für sich ein, erobert sie mit einer einzigen Handbewegung wie einst Cleopatra die römischen Legionen.“ (S.14) nicht besonders gefallen und ein bisschen unpassend gewirkt, andere Vergleiche wie z.B. „Sie mag die Verheißungen des Sommers, die Hoffnungen, dass die Sonne wie eine magische Kreide sämtliche Schmerzen und sämtliche Müdigkeit wegwischt..“ (S.40) gefallen mir sehr gut und wirken sehr passend, geben einen sehr schönen Einblick in die Gefühlswelt der Charaktere, das ist natürlich ein komplett individuelles Empfinden und wirklich Meckern auf hohem Niveau. Insgesamt gefällt mir der Schreibstil wirklich gut und ich hoffe, dass er mich noch mehr in die Geschichte eintauchen lassen wird. 🙌
Am meisten hat mich die Vergewaltigungsszene von Odette mitgenommen, da hatte ich wirklich einen Kloß im Hals und ein ganz schlimmes Gefühl. Ich glaube, hier hat man auch noch einmal gesehen, welche sprachliche Gewalt die Autorin hat, um so ein Szenario so eindringlich zu beschreiben, dass wirklich jeder Satz etwas mit einem macht und einen sprachlos und schockiert zurücklässt. Eigentlich deutet alles darauf hin, dass Odette die Mutter von Marguerite ist, ich weiß nicht, ob das zu offensichtlich ist und am Ende doch alles ganz anders ist, als es scheint, aber im Moment gehe ich stark davon aus, dass das Naheliegende auch das Richtige ist, mal sehen…
Ich war tatsächlich noch nie in der Bretagne, aber ich glaube, ich kann mir die Szenerie bildlich sehr gut vorstellen, ich finde, das Gefühl dieser Umgebung wird dem Leser sehr gut vermittelt, und mir gefällt dieser Kontrast in ganz vielen Aspekten des Buches zwischen einer angenehmen Sommerstimmung und dem bedrückenden Schatten, der über vielem liegt. 🌤
Ich freue mich schon auf den nächste Leseabschnitt, vor allem aber bin ich gespannt auf eure Eindrücke zum Roman! ☺🫶