Der Versuch, zwei unterschiedliche Lebensgeschichten miteinander zu verknüpfen, mag originell sein: Die Geschichten von Sabine Spielrein und Carl Gustav Jung einerseits und dem Revolutionär Fritz Platten und Lenin anderseits bilden den Rahmen für Fragen nach Gerechtigkeit, Gewalt und Schuld, nach Schicksal und Widerstand, Ideologie, Fanatismus und Naivität. Die hysterische Sabine verliebt sich in ihren Therapeuten Jung, was ja letztlich nicht gut kommt; und Fritz Platten landet im Gulag, sein Leben wird aus seinen Erinnerungen erzählt. Beide Leben werden eindrücklich und gekonnt geschildert und enden schicksalshaft – im Unbekannten – in den Wirren des 2. Weltkriegs. Das Ganze erscheint mir trotzdem konstruiert, klischeehaft und enthält doch einige Wiederholungen und Unklarheiten. Sind die Holzrugel aus Lärche (S. 50) oder Birke (S. 146)? Deutschland fällt zweimal in Russland ein, und die Zeitangaben sind oft schleierhaft: Die Geschichte beginnt 1905 und geht etwa ein Jahr später wieder 1905 (S. 131) weiter. Seite 31 ist es der düstere Märzhimmel, und gleichentags 2 Seiten später ist es Ende April. Da ist es Ende März, und fünf Monate später machen sie Spaziergänge im Frühling. Schade, für mich ist das nicht mehr künstlerische Freiheit, vermutlich nachlässiges Lektorat.