Hallo miteinander
Wie sicher einige von euch mitbekommen haben, tummeln sich hier im Book Circle auch viele Buchhändler:innen. Eine davon bin ich. Vielleicht haben mich manche von euch schon in Leserunden, auf Instagram, während der Pop Con in Zürich oder ganz einfach im Orell Füssli am Bellevue in Zürich gelesen und gesehen.
Ich habe im “hohen Alter” von 28 meine Ausbildung zur Buchhändlerin in einem kleinen Comic-Laden in Zürich angefangen und 2020 abgeschlossen. Seit 2022 bin ich im Orell Füssli zu finden, habe aber die Liebe zu Comics nicht ganz verloren und lese sie auch heute noch in grösserer Zahl. Daneben bin ich eine grosse Freundin von Kunst und Architektur (und betreuue daher beide Gebiete in der Filiale), verbringe gerne Zeit mit Videospielen und entspanne beim Yoga und Kochen (auch letzteres ist unter meinen Fittichen in Buchform).
Hier findet ihr also einen kleinen Überblick über mich und das Lesen. Natürlich dürft ihr gerne auch weitere Fragen stellen. 🙂 Die ein oder andere Person dürfte auch einen gewissen Hinweis auf die Geschichte meines Nicknames hier finden…
Was (oder welches Buch) hat Deine Liebe zum Lesen entfacht?
Es begab sich in den späten 80er Jahren, dass ich in einer sowohl kulturell als auch geografisch kargen Region Ostdeutschlands geboren wurde. Die Freizeitgestaltung in jungen Jahren reichte also in etwa von “Katzen streicheln“ bis hin zu “bei der Spargelernte helfen”. Während mich beides zwar zu meiner anhaltenden Liebe für Katzen und Spargel gebracht hat, kam die literarische Erlösung auf 4 Rädern alle 2 Wochen daher: Der Bücherbus. Offiziell heisst dieser heute wohl “Fahrbücherei” aber für uns war es stets nur der Bücherbus. Ein motorisiertes Gefährt mit keinerlei Sitzmöglichkeiten (abseits des Fahrersitzes) aber umso mehr Büchern für Klein und Mittelklein. Grosse Personen hätten wohl nur gebückt in den umgebauten Schulbus gepasst. Mit der eigenen Bücherei-Karte konnte sich jedes interessierte Kind nun mit seitenweise Spass eindecken. Die ersten zarten eigenen Leseversuche jenseits der “Oma und Mimi im Haus”-Fibel-Texte begann ich mit dem Wickie-Schmöker-Spass. Wikinger und Walrösser - was wollte ich mehr? Das Buch habe ich mir vor einigen Jahren dann auch gekauft, nachdem ich es als Kind dutzende Male ausgeliehen hatte.
Welches Buch möchtest Du der Community unbedingt empfehlen?
Die Liste an Büchern, die ich euch empfehlen möchte, ist passend zu meinem Beruf (und meiner Berufung) entsprechend lang. Müsste ich mich für ein einziges entscheiden, wäre es wohl „Höllenherz“ von Christian Aster.
Da dies allerdings eher etwas für das erwachsene Publikum ist und ich hier möglichst viele Personen zu begeistern versuche, möchte ich den geneigten Leser:innen einen anderen Titel des gleichen Autors ans Herz legen: Bromley. Ein absolutes Fest für bibliophile Personen, startet dieser Roman zumindest in den ersten Seiten als reguläre Agenten-Geschichte. Nach kurzer Zeit werden die Lesenden jedoch zusammen mit Hauptfigur und Autor entführt und in eine wilde Welt zwischen den Zeichen gerissen. Wer schon immer wissen wollte, wie Satzzeichen abgebaut werden und warum es sich in Fussnoten ganz besonders gut versteckt, wird hier sehr glücklich. Ein Klein-Od phantastischer Literatur, das ganz bestimmt nicht übersehen werden sollte.
Beende den folgenden Satz: Lesen bedeutet für mich…
…Freiheit, Ferne und Festigkeit zugleich. Bücher können sowohl erden als auch zu Höhenflügen verleiten. Egal ob es sich um einen preisgekrönten Roman, einen Comic oder einen Wein-Wanderführer handelt: Lesen inspiriert, bildet, weckt Emotionen. Wenige Hobbies sind so vielseitig und vielschichtig und wachsen so problemlos durch die verschiedenen Lebensphasen mit wie das Lesen.
Welches Buchzitat gefällt Dir besonders gut?
Auch hier fällt die Wahl auf nur eines entsprechend schwer. Daher bin ich erneut versucht mindestens zwei zu nennen.
Um erneut zu “Höllenherz” zurückzufinden, soll als erstes folgendes Zitat genannt sein:
“Vollkommenheit? Nein, die ist einem Teufel nie zu eigen. Vielmehr muss er recht fehlerhaft geboren werden, um die rechte Missgunst für weniger Fehlerhaftes zu entwickeln…”
Der Teufel als perfektes Wesen mit endloser Macht und Attraktivität hat als Klischee schon länger ausgedient – Geschichten um das Menschliche am Dämonischen sind doch weitaus interessanter.
Da ich eine gewisse Faszination mit bösen Gestalten aller Art nicht abstreiten kann, stammt auch das zweite Zitat aus einer dunklen Geschichte:
“All it takes is one bad day to reduce the sanest man alive to lunacy. That’s how far the world is from where I am. Just one bad day.”
Die Quelle diesmal ist der Comic “The Killing Joke” von Alan Moore aus dem Batman-Universum. Es steht die Frage im Raum, ob ein wirklich schlechter Tag jeden Menschen an den Rand des gesunden Verstandes und darüber hinausbringen kann. Ein sehr gutes Stück Comic-Geschichte, das zeigt, dass dieses Medium mehr kann als nur lustig bunte Bildchen.
An welchem Ort liest Du am liebsten? Wo kannst Du voll und ganz in Bücher eintauchen?
Meine Fähigkeit, mich in Büchern überall und jederzeit zu verlieren, ist gut. Leider zu gut. Die zahlreichen “Ich bin zwei Stationen zu spät ausgestiegen”-Nachrichten an meine Herzensmenschen sind wunderbare Beweise dafür.
Zwar könnte ich nun das Bild der herzigen und sanften Buchhändlerin aufzeigen, die in perfekter Pose auf ihrem Lesesessel in ihrer persönlichen Bibliothek sitzt, neben sich eine Tasse Tee und die Haare mit einem Bleistift hochgesteckt – der Realität entspräche das jedoch nicht.
Vielmehr bin ich die Person, die die Körperhaltung eines Shrimps eingenommen hat und sich mit Weinglas und Katze aufs Sofa puzzelt, neben mir nur die Kiste mit den Socken, die ich schon seit Tagen sortieren sollte. Aber oftmals ist das Buch eben wichtiger…
Liebe Grüsse an die ganze Community
Isi
P.S.: Um der Vewirrung vorzugreifen: Auf dem Papier und Namensschild heisse ich Luisa. Der Name wurde in meinem bisherigen Leben aber nur verwendet, wenn ich als Kind etwas angestellt habe. Mit dem Spitznamen “Isi” erreicht man mich dagegen auf allen Ebenen und Kanälen. 🙂