DANYBOY
Ich habe den zweiten Teil nun auch durch, und bei mir bleibt diese Distanz, wie ich sie oft bei koreanischen (und auch japanischen) Autoren habe. Und ja, Danyboy, ich glaube tatsächlich, dass da sehr viel von der koreanischen Denkweise drinsteckt. Ich empfinde die Form auch irgendwie “kindlich”, und das erstaunt mich nicht, dass der Autor sie anwendet. Auch wenn ich überzeugt bin, dass er sehr bewusst damit spielt.
Zudem finde ich, dass sich das Buch fast wie eine Art Drehbuch liest - ohne die Dialoge zwar, aber mit den sehr detaillierten, fast schon “bevormundenden” Details. Immer wieder wiederholt er Satzfragmente oder ganze Sätze, wechselt dabei oft nur ein, zwei Worte. Das nervte mich anfänglich etwas, mit der Zeit fand ich es amüsant, kam mir vor wie in einer Märchenstunde, in der man mit den Wiederholungen Kindern vorgibt, welche Aussagen besonders wichtig sind. Aber vielleicht hat das etwas mit der Regiearbeit des Autors zu tun: Es scheint, als könne er sich nicht ganz von diesem direktiven Denken lösen und wolle den Leserinnen und Lesern klare Anweisungen zum Lesen geben.
Auch ich finde den Aspekt, dass er lieber nicht geboren würde, als dass die zwei vermeintlichen Elternteile seine sind, sehr interessant. Überhaupt finde ich alle Beziehungsebenen in diesem Buch spannend, weil sie so dermassen anders sind als in unserer westlichen Welt. Das hierarchische Denken und Handeln ist ausgeprägt, man spricht nicht (oder dann nur überhöht) von Liebe. Massstab ist eher die Leistung.
Doch trotz meiner Ambivalenz: Ich finde diese Leseerfahrung spannend und wertvoll. Wahrscheinlich wäre ich nicht auf das Buch aufmerksam geworden, und wahrscheinlich würde ich es sonst auch nicht lesen, da es nicht in die Kategorie meiner sonstigen Lektüre passt (ich lese nie Science Fiction). Somit gefällt mir der Mix eigentlich schon, und zwar mit der Zeit immer besser.
Ich könnte jetzt wohl selbst einen Roman hierzu schreiben, merke ich grad …