Ich bedanke mich für die Gelegenheit, an dieser Leserunde teilnehmen zu dürfen und den regen Austausch hier im Book Circle. Ich wünsche allen Teilnehmern weiterhin viel Spass und gute Bücher.
Hier sind meine Eindrücke als abschliessende Rezension (keine Spoiler enthalten):
In dem als Nordic All-Age-Thriller beworbenen Buch „RAVNA – Tod in der Arktis“ von Elisabeth Herrmann werden viele gängige Klischees bedient.
Die kriminalistische Handlung ist angesiedelt im arktischen Teil Norwegens vor dem Hintergrund der kulturellen und sozialen Einbettung der Samen in die norwegische Gesellschaft. Die Protagonistin Ravna Persen wirkt als Polizeipraktikantin ohne Erfahrung und Kompetenzen in der Provinz in einen Mordfall verwickelt und trifft auf unmotivierte und überhebliche Kollegen, einen Ermittler aus der Regionalmetropole (Rune Thor), der so legendär erfolgreich wie mit mangelnder Sozialkompetenz ausgestattet ist. Dennoch setzt sich die Praktikantin oftmals im Alleingang gegen ihre Kollegen durch und trägt wesentlich zur Lösung des Falles bei, obwohl sie sich über grosse Strecken der Handlung bei kaum einer anderen Person Gehör verschaffen kann.
Der Erzählstil ist sprachlich einfach mit der Tendenz zur seichten Ferienlektüre. Die immer wieder in den Text eingebunden fremdsprachlichen Begriffe aus der Sprache der Samen wirken aufgrund der in Fussnoten angegebenen Übersetzungen eher hemmend auf den Lesefluss. Ein vertiefendes Verständnis bieten sie nicht, daher hätte die Autorin auch auf diese Begriffe verzichten können.
Hier bieten Kriminalerzählungen wie „Schnee, der auf Zedern fällt“ oder „Fräulein Smillas Gespür für Schnee“ deutlich mehr Einsicht in die Vielschichtigkeit indigener Völker und Kulturen.
Die Charaktere sind oberflächlich beschrieben und werden nicht in der Tiefe ausgestaltet. In seiner Serie um Sabine Nemez und Maarten S. Sneijder setzt Andreas Gruber die Messlatte für derartige Inszenierungen eines Rollenspiels zwischen der unerfahrenen, lernbegierigen Polizistin und dem dominant-verschrobenen Ermittler hoch und hier scheitert Elisabeth Herrmann mit ihren Figuren und dem Spagat hinsichtlich der Zielgruppen-Bandbreite (Erwachsene / Jugendliche).
Insgesamt wirken die Handlungsstränge unglaubwürdig. Spannung will über rund 450 Seiten, für die ich rund 5 Stunden Lesezeit benötigt habe, nie so richtig aufkommen und das Ende wirkt abrupt und konstruiert, aber vorhersehbar, da ohne wirkliche Alternative.
In meiner Bibliothek erobert sich Ravna Persen keinen Lieblingsplatz und auch die Fortsetzung „RAVNA – Die Tote in den Nachtbergen“ werde ich nicht auf meine Leseliste setzen.