Dieses Buch hat mich von der Thematik her logischerweise direkt angesprochen, wie eigentlich alle Mythologieadaptionen (ich könnte inzwischen einen ganzen Monat lang nur Mythologieadaptionen lesen und hätte noch genügend Lesestoff zuhause und je länger ich darüber nachdenke, desto mehr, habe ich auch vor, es durchzusetzen). Ich stöbere immer wieder regelmässig durch die Bücher vom Impressverlag und die meisten aus dem Fantasygenre sprechen mich mehr oder weniger an, so auch dieses hier. Was mich schnell überzeugen konnte, ist die Tatsache, dass nicht nur die üblichen «Basics» über Götter vorkommen und auch Nischengötter und andere kleine Details vorkommen. Lia scheint durch ihr Studium eine gute Ahnung über die Götterwelt zu haben (wobei es in den beiden Folgebänden an einigen Stellen praktischerweise ihr Wissen verliert und relativ einfache Dinge nachfragen muss, auch wenn es bessere Lösungen dafür gäbe es dem Leser zu erklären, aber in diesem Band war es zumindest noch kein Problem). Aber dennoch kommt dieses Wissen manchmal zu kurz. Was ich nämlich schade finde, ist, dass mal wieder klar die Last des Bösen auf Hades fällt, was zu einseitig ist. Gerade Lia, die Mythen studiert, sollte wissen, dass es weitaus mehr Seiten zu Hades gibt, als nur «er entführte Persephone, also muss er ja ein sehr schlechter Gott sein» und von ihr hätte ich mit ihren Studienerfahrungen auch mehr erwartet. Gerade sie könnte so etwas wesentlich facettenreicher auffassen. Dieser Mythos allein hat schon mehr als nur diese eine Ausführung und nur weil es wohl die bekannteste Entführungsgeschichte ist, ist es noch längst nicht die einzige oder gar schlimmste. Und ja, es ist eine Adaption, wenn es sein muss, kann man Hades ohne Problem zum Bösewicht machen, dafür sind Adaptionen ja da. Ich habe es einfach schon viel zu oft gesehen und finde diese Interpretation deshalb leider etwas flach, gerade wenn man es auch mal mit einem Protagonisten zu tun hätte, der schon mehr über diese Mythen weiss und deshalb mehr in die Geschichte hineinbringen könnte. Auch mit Lia selbst hatte ich zum Teil einige Mühe, besonders am Anfang. Für die Tatsache, dass sie entführt wurde und erzählt wird, wie sehr sie ihren Entführern auch klar misstraut, so sind ihre Signale doch sehr gemischt. Trotz allem geht sie dann nämlich doch mehr oder weniger willig mit ihnen mit und haut auch nicht mehr ab: Sie rennt einmal davon und trifft dabei auf einen Typen, der zwar nicht angenehm wirkt, aber der ihr in diesem Moment sprichwörtlich den einen Ausweg bieten würde mit seiner angebotenen Stadtführung von einer Stadt, in welcher sie sich sonst verlaufen würde. Klar wäre er sicher nicht Wahl Nummer eins in normalen Umständen, wenn es wohl darum geht, mit ihm Zeit zu verbringen, aber sie ist gerade auf der Flucht und findet es dann doch besser, lieber wieder den Entführern in die Arme zu laufen, als ihre Chance für eine Flucht zu ergreifen. Und das wäre nur ein Beispiel. Dieses Hin und Her zwischen «Diesen miesen Entführer, ich werde ihnen nie trauen» und «Das ist doch nicht so schlimm und ich helfe mal, obwohl ich noch immer gefühlt gar nichts weiss» lässt Lia nicht so entschlossen in ihren Entscheidungen herüberkommen und lässt sie dadurch etwas nervig wirken. An sich ist die Geschichte in der Grundidee wirklich nicht schlecht und ich mag die Richtung, die sie einnimmt, aber es gibt dennoch immer wieder Unstimmigkeiten, die es nicht möglich machen, dem Buch auch volle fünf Sterne zu geben. Jemand anderen mögen diese Dinge vielleicht nicht stören, weshalb ich empfehlen kann, der Sache definitiv selbst eine Chance zu geben, und obwohl ich die Geschichte noch immer wirklich gerne mag, hat für mich nicht alles komplett gepasst. Vier Sterne deshalb für dieses Buch.