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Jochen Hörisch
Literatur weiss etwas – und zwar nicht nur mehr oder weniger Diffuses, sondern durchaus Konkretes, zum Beispiel über Krankheiten, über ökonomische Zusammenhänge oder über Logiken der Rechtsfindung. Gerade in einer Kultur, die sich selbst als Wissens- und Informationsgesellschaft beschreibt, wird deutlich, wie heikel es um die Unterscheidung von „hartem“ (=naturwissenschaftlich-technischem) und „weichem“ (=geisteswissenschaftlich-literaturbasiertem) Wissen steht. Schöne Literatur hat einen binären Leitcode, der sich entschieden von dem der Wissenschaften abgrenzt. Er lautet nicht wahr / falsch, sondern stimmig / nicht-stimmig. Soll heissen: gerade weil die epistemische Grundorientierung von Literatur eine andere ist als die der Wissenschaften, kann Literatur erfolgreich ein Spiel spielen, das da heisst: Ich seh etwas, was du nicht siehst.
Fachbücher
Brill | Fink
Deutsch
236
2007-06-20
9783770545209
978-3-7705-4520-9