francesca_s

“Norwegian Woods” zuliebe tue ich so, als hätte ich dieses Buch nie gelesen. Es ist nun mal sehr kafkaesk. Wer das mag, wird dieses Buch sehr zu schätzen wissen. Ich gehöre definitiv nicht dazu. Die Geschichte ist relativ langatmig, das Brechen von Raum und Zeit äusserst anstrengend. Die surrealen Momente haben was filmisches an sich. Trotzdem würde ich mir diesen Film nicht geben.

Das Buch ist aus der Perspektive eines Charakters geschrieben, welcher ziemlich ahnungslos ist. Zwar ist es spannend die Welt gemeinsam mit dieser Figur zu entdecken, doch klaffen so viele Lücken in der Erzählung. Die Figuren sind komplex und entwickeln sich mit der Zeit weiter. Die Welt um sie herum wird aber leer und voller Fragezeichen gelassen, nur vage Andeutungen erinnern an das dystopische Beisammensein von genmodifizierten Menschen und künstlichen Intelligenzen. Diese Dichotomie ist anstrengend, stört den Lesefluss und erschwert das Verständnis (wobei Ishiguro vermutlich gezielt so schreibt um die Verwirrung der Hauptfigur wiederzugeben). Durch die ersten 150 Seiten muss man sich kämpfen. Die restlichen 157 Seiten sind dafür sehr vollgepackt und sind schnell vorüber. Eine seltsame Leseerfahrung. Das Buch beinhaltet überraschenderweise religiöse Elemente. Die Beziehung von Klara und der Sonne erinnert an Platons Höhlengleichnis. Genaueres dazu verrate ich mal nicht, um nicht zu spoilern. Insbesondere diese Gedanken bleiben nach der Lektüre, viel weniger die Figuren und deren zukünftigen Werdegang.

Die Geschichte handelt von der Beziehung zweier Schwestern, die sich in ihren ersten Erwachsenen-Jahren durch alles mögliche in NYC kämpfen müssen. Das Buch spricht viele wichtige Themen an: strenges Elternhaus einer anderen Kultur, Essstörungen, die Problematik des Wunderkindes etc. Alles in allem gut gelungen, die Dialoge scheinen etwas zäh und das ist nicht der Charaktere oder der Story wegen. Es ist nicht immer ganz leicht in die Konversation mitreinzuhören. Trotzdem empfehlenswert. PS: am Ende hat die Autorin den wohl leichtesten Weg für sich selbst gewählt. Etwas schade..

Fallwickl verfolgt einen interessanten Schreibstil, wobei sie sich meisterhaft den Figuren anpasst und sich selbst als Sprachrohr nutzen lässt. Als Frau* ist das Buch eine schwere Kost; unglaublich detailliert und realistisch geschrieben. Fallwickl findet Worte für Dinge, die jede Frau* erlebt aber kaum in Worte fassen kann. Am Interessantesten ist die Erzählstruktur, wobei die female experience in verschiedenen Lebensphasen gleichzeitig theamtisiert wird. Sehr gut gelungen! Absolut empfehlenswert, wenn man im richtigen Headspace dafür ist sich mit der Thematik über fast 400 Seiten lang zu befassen.

Eigentlich, wenn man dieses Buch mit etwas Abstand betrachtet, ist die Geschichte überhaupt nichts besonderes. Die Geschichte arbeitet nicht auf ein spezifisches Ziel hin. Die Struktur der Einleitung, Hauptteils und der Auflösung wird komplett aufgebrochen. Umso präsenter wird so Murakamis Erzählgenie. Insbesondere für junge Erwachsene, die sich mit den Gedanken und Problemen Torus und Naokos identifizieren, ist die Lektüre sehr empfehlenswert. Das Buch fühlt sich wie ein Spaziergang neben der Hauptfigur an.