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Marluskript

  • Beitritt 12. Nov 2020
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  • 2730 Punkte
  • Bücher über Regionen und Kulturen, die in unserer westlichen Welt kaum sichtbar sind, finde ich besonders spannend. Immer wieder ertappe ich mich dann beim Staunen darüber, dass ich wirklich auf der selben Welt und zur selben Zeit lebe wie die porträtierten Menschen. Sören Urbansky schildert Begegnungen, Schicksale und politisch-historische Hintergründe, die er auf seinen Reisen und während verschiedener Aufenthalte im Länderdreieck Russland-China-Mongolei gesammelt hat. Ich war von Vornherein versucht, dieses Buch mit Navid Kermani’s “Entlang den Gräben” zu vergleichen. Inhaltlich wurde ich nicht enttäuscht, was aber Eloquenz und Gespür betrifft bleibt Urbansky doch merklich hinter Kermani zurück - deshalb nur drei Punkte.

  • Der Archäologe Eric H. Cline nimmt uns mit auf eine faszinierende Reise, die uns 3000 Jahre zurück in die Vergangenheit führt, in eine Zeit, als die Welt bereits einmal globalisiert war. Was aber hat dazu geführt, dass dieses vielfältige Netzwerk der unterschiedlichen Reiche im Mittelmeerraum und Nahen Osten innert kürzester Zeit (zirka 100 Jahren) zusammenbrach und diese Kulturen wieder auf sich selbst zurückfielen oder gar ganz verschwanden? Wer dieses Buch liest, erfährt nicht nur Spannendes über Politik, Diplomatie und Gewohnheiten einer längst vergangenen Zeit, sondern erhält auch einen spielerischen Einblick in das Handwerk der Archäologie und die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten, welche nicht zuletzt mit dem stetigen Fortschritt der Technik immer wieder neue Blicke auf die Geschichte unserer Vorfahren gewährt. Die unverkennbaren Parallelen zu unserer heutigen Zeit machen die Lektüre noch spannender.

  • Ich habe mich von Zeile zu Zeile mehr in diese fantasie- und gefühlvolle Geschichte verliebt, die mich an Mariana Leky’s “Was man von hier aus sehen kann” und an “Die fabelhafte Welt der Amélie” erinnert, gewürzt mit einem Schuss Situationskomik à la Graeme Simsion’s “Rosie-Projekt”. Es gibt Bücher, da werde ich von einem Sog mitgerissen, der mich über die Seiten fliegen lässt und es gibt Bücher wie dieses, wo ich einfach jedes Wort bewusst in mir aufnehmen und geniessen möchte, so herrlich schön und bildhaft sind die Vergleiche, mit denen Anja Baumheier ihren Protagonisten Adam und dessen Welt zum Leben erweckt. Am Liebsten hätte ich sie gar nicht mehr verlassen, den wunderbar kauzigen Adam, seine Familie mit tschechischem Migrations- und Bäckereihintergrund (erweitert um Inselpolizistin, Dorfarzt und Museumswärter) und ihre norddeutsche Inselwelt.

    Diese brandneue Erscheinung ist meine Herzensempfehlung für all jene, die eine Wohlfühl-Lektüre mit Tiefgang suchen, nicht zu süss und mit einer guten Prise psychologischer Spannung.

  • Mit “Todeskuss mit Zuckerguss” habe ich mir die Lektüre von Flavia de Luce’s 10. Kriminalfall gegönnt - ihrem ersten als offizielle Privatdetektivin. Seit ihrem ersten Fall “Mord im Gurkenbeet” freue ich mich über jede Neuerscheinung, so sehr habe ich mich in das altkluge, freche, gewitzte Mädchen mit ihrer Leidenschaft für Chemie (und insbesondere Gifte) verliebt.

    Ihr neuester Fall bringt Flavia und ihren Detektivpartner Dogger in gewohnt schwarzhumoriger Weise mit der Welt der Heilkünste in Berührung. Die Geschichte selbst erschien mir dieses Mal etwas gar konstruiert und daher nicht wirklich spannend. Warum ich den Titel dennoch mit 4 Punkten bewerte? Weil die spritzigen Dialoge, Flavias eigenwillige Gefühls- und Gedankenwelt und die herrliche Situationskomik die Lektüre trotzdem zu einem wahren Vergnügen machen!

  • Alexandra Vielen lieben Dank! Da schaue ich sehr gerne mal rein! Und wie wäre denn dein Tipp bezüglich Selbstversorger-Garten? Ich sauge gerne jegliches Wissen auf :-) Herzliche Grüsse aus dem Schnee!

    • MatGa hat auf diesen Beitrag geantwortet.
    • Liebe Community

      Bald schon beginnt wieder die Gartensaison, ich freue mich schon! Ich möchte dieses Jahr gerne mehr in Richtung Permakultur ausprobieren. Hat jemand von euch Titelvorschläge, mit denen ihr gute Erfahrungen gemacht habt? Ich freue mich über eure Tipps!

    • Tatsächlich habe ich gleich nach der Lektüre von Band 1, “Die Sekte - es gibt kein Entkommen”, weitergelesen. Sofia ist die Flucht von der Insel, wo die Sekte “Via Terra” rund um ihren Anführer Franz Oswald den Weg zum einzig Wahren propagiert, gelungen und Oswald selbst sitzt im Gefängnis. In Band 2 muss Sofia allerdings schon bald begreifen, dass Oswalds Arme länger sind als jene des Gesetzes und sein Durst nach Rache unstillbar.

      Wie schon bei Band 1 hat mich die Tatsache, dass die Autorin selbst aus ihrer Erfahrung einer 25 Jahre dauernden Mitgliedschaft bei Scientology schöpft, sehr berührt. Gerade deshalb hätte ich mir aber eine noch eingehendere Beschäftigung mit den psychischen Folgen eines Sektenausstiegs gewünscht und dafür vielleicht etwas weniger Krimi-Elemente - oder dass deren Entwicklung im Gegenzug ebenfalls mehr psychologische Tiefe erhalten hätten. Gerne hätte ich im Tausch gegen das zu Oberlächliche noch weitere 100 oder 200 Seiten gelesen. Wie das Manuskript wohl ausgesehen hat, bevor es lektoriert wurde? Nichtsdestotrotz: Die Lektüre war streckenweise sehr spannend und der Schluss wieder so vielversprechend, dass ich Band 3 auch noch lesen werde.

    • Sofia ist jung, gerade fertig mit ihrem Studium und weiss nicht, wohin sie in ihrem Leben eigentlich will. Da wird sie bei einem Vortrag auf die Gemeinschaft “Via Terra” aufmerksam, besonders auf ihren charismatischen Vorsteher Franz Oswald. Dieser lädt sie ein, seine Philosophie kennen zu lernen und so reist Sofia auf die einsame Schäreninsel, wo die Gruppe um “Via Terra” in einem alten Herrenhaus lebt, arbeitet und Seminare für wohl situierte Sinnsuchende anbietet. Sofia ist erst skeptisch, lässt sich aber auf die Praktiken ein und erlebt bald schon, wie sie tatsächlich innere Ruhe findet. So beschliesst sie, nach Absolvierung des Programms auf der Insel zu bleiben und für vertraglich festgelegte zwei Jahre Teil der Gemeinschaft zu werden. Erst schleichend, dann rasant verwandelt sich das Herrenhaus in ein Gefängnis, dessen Anführer Oswald immer brutalere Methoden erfindet, um sein Personal zu indoktrinieren und zu bestrafen. Als Sofia klar wird, in was sie da hineingeraten ist, scheint es bereits zu spät.

      Die Entwicklung der Geschichte ist ziemlich vorhersehbar, gerade das macht die Tragik um den Alltag egal welcher Sekte dieser Welt erlebbar. Die Autorin war selbst 25 Jahre lang Mitglied einer solchen Gemeinschaft, und dieses Wissen schwingt beim Lesen mit und berührt auf sehr reale Weise. Und der Schluss offenbart Oswalds teuflische Gabe der Manipulation derart erschreckend, dass ich Band 2 möglichst bald lesen muss! Die Handlung scheint nun doch nicht mehr so vorhersehbar zu sein…

    • “Jeder kann morgen ein Flüchtling sein”, so die Einleitung dieses Werks und eine These, die der Autor auf den folgenden gut 400 Seiten beweist und mit zahlreichen Erinnerungen von Betroffenen aus verschiedenen Jahrhunderten belegt. Mit diesen Worten möchte Andreas Kossert Solidarität schaffen und das individuelle Leiden hinter einem jeden Flüchtlingsschicksal fassbar machen, was ihm meiner Meinung nach gelingt. Die Lektüre seines Buches war für mich mehr Gefühl denn Geschichte. Schon die Gliederung der Kapitel in “Weggehen - Ankommen - Weiterleben - Erinnern” anstatt in chronologische oder nationale Einteilungen nimmt den Fokus weg vom Abstrakt-Sachlichen hin zum Emotional-Menschlichen. Ich empfinde dieses Buch als einen Gewinn, gleichwohl aber hätte ich mir mehr Struktur und noch mehr Platz für die Erfahrungen von Zeitzeugen gewünscht.

    • Der Titel ist Programm: In seinem neuen Werk lässt Franzobel die Entdeckung und Eroberung (Süd)Amerikas aufleben, insbesondere den Feldzug des Spaniers Ferdinand Desoto, der sich im Jahre 1538 aufmacht, Florida einzunehmen und die dortigen Ureinwohner zum Christentum zu bekehren. Ein Unterfangen, das als erfolglosester Eroberungsfeldzug in die Geschichte eingehen sollte. So viel zu den Fakten. Diese verweben sich nämlich alsbald mit einem derart farbenfrohen Erzählteppich, dass einem schwindlig wird. Im Tross der Eroberer befinden sich gekenterte Piraten, zum Tode verurteilte Konvertiten, die aus algerischen Palästen geflüchtet sind, wettsüchtige Strandbar-Betreiber, von Haute Couture besessene Rauhaardackel-Besitzer, verliebte Frauenhasser, von herabfallenden Kokosnüssen grenzdebile Schwaben und indigene Bewunderer einer dekadenten europäischen Kultur - allesamt verfolgt von einem Nostradamus-Notar, der seine Vorsehungen selbst kaum wahrnimmt, von den Indianern aber als Dämon gefürchtet und verehrt wird. Nebenbei werden auch mal zufällig Coca Cola, Pommes Frites oder die Bürokratie erfunden, Zeitsprünge inbegriffen, sowohl in Chronologie als auch Sprache. Ja, die Sprache! Ihr ist in diesem Potpourri keine Grenzen gesetzt, mit unbändiger Lust kreiert Franzobel neue Wortschöpfungen, Metaphern und Laute. Dies war auch der einzige Grund, warum ich das Buch zu Ende gelesen habe, denn trotz (oder vielleicht wegen) der überbordenden Fantasie blieben mir die Protagonisten fremd, erschienen mir farb- und gesichts-, ihre Handlungen seelenlos. Ich bin gespannt, was das Feuilleton sagen wird…

    • Das Titelbild (und der Verlag) können leicht über die erschütternde Ernsthaftigkeit dieses Romans hinwegtäuschen. Wir lernen vier Generationen einer palästinensischen Familie kennen, verstreut über Kontinente, leben mit ihnen bei duftenden Orangenplantagen und in Zelten, teilen ihre Hoffnungen und ihre Verluste. Was bedeutet der Begriff “Heimat” und kann es nach Jahrzehnten der Repression, des Krieges und des Hasses “Versöhnung” geben - mit den anderen und mit sich selbst? Susan Abulhawa gelingt es, dem Konflikt zwischen Israel und Palästina ein Gesicht zu geben, ein so persönliches, dass ich weinen musste. Ihre grösste Leistung aber dünkt mich, dass sie trotz einseitigen Blickwinkels ein Plädoyer für Frieden und Menschenwürde erschaffen hat.

    • Dieses Buch hat einen besonderen Platz in meinem Bücherregal. Es erzählt die Geschichte zweier junger Menschen, die unterschiedlicher kaum sein könnten, die das Schicksal aber 1944 im Keller eines zerbombten Hauses an der bretonischen Küste zusammenführt: Das erblindete Mädchen Marie-Laure, das aus Paris fliehen musste, und der Waisenjunge Werner Hausner, Soldat der deutschen Wehrmacht. Geschickt verwebt der Autor Anthony Doerr, der für diesen Roman 2015 den Pulitzer-Preis erhalten hat, die Vergangenheit dieser Beiden mit den Schrecken und der Ungewissheit der Gegenwart. Die Worte, mit denen der Autor die Welt der blinden Marie-Laure beschreibt, blieben mir lange im Herzen genauso wie die Prüfungen, welche der empfindsame Werner Zeit seines Lebens bestehen musste. Doerr malt für uns nicht nur Marie-Laure’s Wahrnehmung bunt, sondern führt uns auch zur Einsicht, dass nichts jemals nur Schwarz oder Weiss, Gut oder Böse ist.

    • Seit ich dieses Buch gelesen habe sehe (und verschenke) ich Blumen mit anderen Augen. Die Geschichte des Waisenmädchens Victoria, das sich wegen der Unbeständigkeit ihres Umfelds eine harte Schale zugelegt hat und der es erst durch die Bedeutung der Blumen gelingt, sich anderen gegenüber zu öffnen, hat mich sehr berührt. Es ist eine Geschichte über das Erwachsenwerden, über die Suche nach dem eigenen Weg, über die erste Liebe und darüber, Gefühle zuzulassen. Ich empfehle dieses Buch sehr gerne, vor allem Frauen, die (Liebes)Geschichten mit Substanz mögen. Nie werde ich vergessen, wie ich kurz nach Erscheinen des Titels einer Kundin von “Die verborgene Sprache der Blumen” vorgeschwärmt habe und diese das Buch gerührt an ihre Brust gedrückt hat: “Ich bin Floristin. Das kann kein Zufall sein!”

    • Wer die Kunst der Kurzgeschichte zu schätzen weiss, einen reichen Schatz zum Vorlesen braucht oder tatsächlich jeden Tag im Jahr mit einem literarischen Mümpfeli beginnen, begleiten oder beenden möchte, dem lege ich diese Sammlung aus dem Diogenes-Verlag wärmstens ans Herz! Quer durch die Jahrhunderte, durch Länder und Gesellschaftsschichten vereint sie Erzählungen nahmhafter und weniger bekannter AutorInnen und lädt - manchmal auf drei Seiten, manchmal nur in fünf Zeilen - dazu ein, sich wegtragen zu lassen.

    • Schon klar, dass man einem solchen Titel als Buchhändlerin mit Euphorie begegnet. Und tatsächlich hält Shaun’s Tagebuch über seinen Alltag als Inhaber einer antiquarischen Buchhandlung in einer schottischen Kleinstadt und Besitzer eines gut genährten Katers einiges Unterhaltsame uns Wissenswerte bereit. Es ist ein Zeugnis davon, wie vielfältig die Welt der Bücher und ihrer Akteure ist und wie sehr es sich lohnt, den Schritt in diese Branche zu wagen, so stark sie auch im Wandel begriffen ist. Shaun bringt die Schwierigkeit der Verquickung von Tradition und Moderne oft zur Sprache und wer Genaueres darüber erfahren möchte, wie Amazon im Kleinen funktioniert, wird staunen. Er beschäftigt in seiner Buchhandlund eine mehr oder minder lose Truppe eigenwilliger Charaktere und beschreibt auch seine manchal sehr kuriose Kundschaft treffend. Dennoch hat das Buch seine Längen, enthält einige relativ ereignislose Passagen. Natürlich spiegeln gerade diese das Alltägliche aus dem Alltag eines Buchhändlers wieder. Waren also einfach meine Erwartungen zu gross und wenn ja, an was oder wen?

    • Die abenteuerlichen Erlebnisse des Sultans Khan alleine würden schon für eine spannende Lektüre genügen. Als leidenschaftlicher Buchhändler in Kabul ist er seit jeher Zielscheibe der unterschiedlichen Regime Afghanistans und musste den Machthabern schon so manches Schnippchen schlagen. Der besondere Reiz dieses Buches macht allerdings Asne Seierstad’s Blick auf den Alltag der Familie Khan und die widersprüchliche Gesellschaft Afghanistans aus. Fünf Monate lang durfte die norwegische Journalistin und Kriegsreporterin bei den Khan’s zu Gast sein - und als einzige Frau auch Räumlichkeiten und Anlässe besuchen, die den Männern vorbehalten sind. Als neugierige, unbefangene Chronistin teilen wir mit ihr den westlichen Blick auf die orientalische Gastfreundschaft und schillernde Mythen aber genauso die Wut und Ohnmacht gegenüber Patriarchismus und Frauenfeindlichkeit. Im einen Moment möchte man Sultan Khan ob seiner Grosszügigkeit umarmen, im nächsten für seine Geringschätzung ohrfeigen. So kontrastreich Land und Leute, so paradox sind auch die Gefühle, die mich beim Lesen übermannt (oder besser überfraut?) haben. Wirklich lesenswert für jederfrau und jedermann!

    • Dieser Roman ist anders als die allermeisten anderen Geschichten, die in der Zeit des Nationalsozialismus spielen. Er kommt ohne körperliche Grausamkeiten, ohne Konzentrationslager, ohne Geschützfeuer und Bomben, ja ohne Tod aus. Wir begleiten den unauffälligen, jüdischen Kaufmann Otto Silbereisen, der nach den Novemberpogromen 1938 mit nichts als einer Tasche voll Geld in den Zug steigt - Ziel ungewiss, bloss weg von den Nazischergen. Es ist genau dieses Ungewisse, die ständige Erwartung, entdeckt zu werden, verraten zu werden, die Otto Silbereisen und die Leserin langsam zermürben. Die Reise selbst ist nicht gerade spektakulär, aber genau das macht die Perfidität des Nationalsozialismus greifbar. Viele Male wollte ich das Buch weglegen, wollte “aus dem Zug” aussteigen, fliehen - und doch konnte ich nicht aufhören, weiter zu lesen. Meisterhaft!
      Diesen Titel einen Klassiker zu nennen, ist möglicherweise nicht legitim, denn obwohl der damals erst 23-jährige Ulrich Alexander Boschwitz den Roman bereits Ende 1938, Anfang 1939 (!) verfasst hat, erschien er erst 2018 in deutscher Originalsprache. Boschwitz’ eigene Geschichte liest sich ebenso tragisch. Er emigrierte nach England, wo er kurz vor Kriegsbeginn interniert und zusammen mit vielen weiteren deutschen Auswanderern nach Australien verschifft wurde. Auf der Rückreise wurde das Schiff torpediert und Boschwitz ertrank mit nur 27 Jahren.

    • Dieses Buch erzählt nicht nur in chronologischer Abfolge minutiös die Geschehnisse des 11. September 2001, sondern vor allem die Geschichten derjenigen, deren Realität sich durch die Terroranschläge für immer verändert hat. Garrett M. Graff hat in jahrelanger Recherchearbeit tausende offizielle Dokumente, Interviews, Bild- und Tonaufzeichnungen gesichtet und hunderte Gespräche mit Betroffenen geführt. Herausgekommen ist ein Werk, das mich in seiner Unmittelbarkeit unglaublich berührt hat. Die Erlebnisse derjenigen, die mit dem US-Präsidenten unterwegs waren oder im Kapitol auf Entwarnung warteten, haben mir vor Augen geführt, wie unvollständig mein Wissen über die Geschehnisse von 09/11 war. Den Schmerz derjenigen, die ihre Liebsten verloren hatten, die zusehen mussten, wie Freunde und Kollegen verzweifelt aus den Fenstern sprangen, die im Fernsehen von den Anschlägen erfuhren und Stunden, teilweise Tage in quälender Ungewissheit ausharren mussten, konnte ich hingegen erahnen. Es allerdings in ihren eigenen Worten mit zu erleben, letzte Aufzeichnungen aus den entführten Flugzeugen zu lesen, das hat mich teilweise fast überfordert. Diese “Oral History” ist ein Kraftakt in allen Belangen!

    • Ich habe noch nicht allzu viele Liebesromane gelesen, dieser gehört aber sicher zu den unterhaltsamsten davon. Ich war sogar richtig positiv überrascht, wie gut die Autorin die Komplexität der Gefühlswelt ihrer liebenswerten Protagonistin Laurie beschreibt. Über weite Strecken war ich so gefangen, dass ich Laurie’s Trauer, Verzweiflung und Zweifel, Wut aber glücklicherweise auch Hoffnung und Übermut geradezu körperlich spüren konnte. Gegen Ende wird die Geschichte aber höchst durchschaubar und jede noch so kleine Gelegenheit zum Kitsch wird ergriffen, sodass meine anfängliche Bewunderung doch in Enttäuschung umschlug. Der emotionale Tiefgang und die spitzen Dialoge machen dieses Buch aber dennoch zu einer kurzweiligen Lektüre!

    • Ich habe eine Schwäche für eigenwillig aufgebaute Bücher. Dieses gehört definitiv zu den besten in dieser Kategorie. Der Plot ist simpel: Zwei befreundete Ehepaare, deren Söhne gemeinsam zur Schule gehen, treffen sich zum Abendessen. Entsprechend der Menüfolge ist auch die Geschichte aufgeteilt. Was mit einem zwanglosen Apéritif beginnt entwickelt sich allerdings schon bald zu einem hochspannenden Drama und gipfelt in einer moralischen Zwickmühle, die mich noch lange beschäftigt hat. Obwohl dieses Buch stilistisch so interessant ist und so viel Diskussionsstoff auch für Lesezirkel bereit hält, gehört es noch immer eher zu den Geheimtipps.