Der Junge aus dem Meer ist kein Roman, der einen mitreisst – eher einer, der zur Beobachtung einlädt. Ich habe das Buch zu Ende gelesen, doch die Figuren blieben mir fremd. Als Leserin fühlte ich mich wie ein stilles Mitglied der Dorfgemeinschaft: nah dran, aber nicht beteiligt.
Spannung entsteht kurz durch die Frage nach Brendans Herkunft, doch sie verläuft im Sand. Viele Episoden werden angerissen, aber nicht weitergeführt. Der Roman bleibt skizzenhaft, Brendans Suche nach Zugehörigkeit wird nur angedeutet.
Die Sprache hat mir dennoch gefallen. Manche Szenen sind so eindrücklich beschrieben, dass sie wie Filmszenen wirken. Auch die Atmosphäre der Küste, das raue Leben dort, wird stark eingefangen. Dennoch: Die emotionale Zurückhaltung zieht sich bis zum Schluss durch.
Der Titel des Buchs hat meine Erwartung stark auf Brendan gelenkt – dabei ist es eigentlich die Geschichte einer Familie oder eines ganzen Dorfes.
Fazit: Ein sprachlich starkes Buch mit ruhigem Ton und atmosphärischer Tiefe – aber ohne emotionale Nähe. Für Leser:innen, die das Leise und Andeutende schätzen.