Eli-Ela

  • 5. Nov 2024
  • Beitritt 5. Nov 2020
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  • 4253 Punkte
  • Ebenso wie Teil 1 beginnt Teil 2 mit der Arbeit im Supermarkt, wirklich genial, wie hier gezeigt wird “das Leben geht weiter”. Die Routine ist zurück in dem Alltag von Ida und Tilda, aber es hat sich eben doch etwas geändert in der Beziehung von Ida, Tilda und der Mutter. Alle drei entwickeln sich in diesem Teil 2 weiter, auch in ihrer Beziehung zueinander.

    Im Zentrum stehen Tildas Aktivitäten um Ida zu stärken, um guten Gewissens nach Berlin gehen zu können. Sie ist in der Phase der Entscheidungsfindung - Promotion annehmen? Viktor lieben? Tod von Ivan verarbeiten? Abgrenzung von Freunden? Tildas Entwicklung in diesem Teil 2 scheint recht realistisch - suchend.

    Ida hingegen macht einen rasanten Reifungsprozess durch, und sie wirkt viel stärker und klarer als Tilda. Ida  nimmt ihr Leben, aber auch ein wenig das von Tilda und der Mutter in die Hand und entscheidet, welchen Weg sie in welchem Tempo geht. Hier ist mir aber die Geschichte zu  rosa eingefärbt - Ida ist erst 9 Jahre alt und ihre Reifung innerhalb einer so kurzen Zeitspanne von wenigen Tagen passt nicht wirklich zu diesem Alter. Das wird auch deutlich an dem Verständnis für die Mutter, deren Alkoholismus als das verstanden wird, was es ist, nämlich als Krankheit (s. 116). Und dann im letzten Abschnitt, dem Suizidversuch der Mutter.

    Ansonsten erfahren wir hier noch ein wenig mehr über die Väter, den Teufelskreis, in dem sich die alkoholkranke Mutter befindet, der so realistisch (und ohne Anklage!) beschrieben ist, dass man sich unwillkürlich fragt, woher diese junge Autorin Caroline Wahl dieses Wissen hat.

    Insgesamt wirft der Teil 2 Fragen auf, es sind o.g. inhaltliche Brüche da, aber es liest sich flüssig und die Dialoge zwischen Tilda und Ida sind originell. Ich frage mich aber unwillkürlich, warum Tilda nicht einmal die Idee verfolgt, Ida mit nach Berlin zu nehmen

  • “Geniesst man die Sonne mehr, wenn man die kalten Wolken gewohnt ist?” - diese Frage von Viktor hat sich bei mir als eine sehr zentrale Frage bzw. Ausdruck von Tildas Dasein beim Lesen eingenistet.

    Die ersten 50 Seiten war ich etwas skeptisch, ob der Roman mich wirklich packen würde: Ich fühlte mich stark an den Oscar-prämierten Film “Coda” erinnert. Auch hier eine junge Frau, zerrissen zwischen eigenen Träumen und der Aufopferung für die Familie (oder vielmehr Ida). Ein rationales Mathegenie, deren Leben durch Vernunft und Verantwortungspflicht definiert ist, dann aber die eigenen Emotionen in die Quere kommen. Eine spannende Thematik, aber eben auch schon oft so oder so ähnlich erzählt.

    Nichtsdestotrotz hat mich Tilda nach und nach um ihren Finger gewickelt, hofft auf ein Happy End (Studienstart in Berlin? Durchbrennen mit Viktor? Leo eine zweite Chance geben? Sich Loslösen von der Aufopferung?). oder wird alles ganz anders kommen und ins richtig tragische Kippen? Es bleibt also spannend.

    Ein paar Randbeobachtungen:

    • Interessant fand ich, dass die Mutter die ersten 40 Seiten eigentlich gar nicht erwähnt wird und selbst links liegen gelassen wird so gut es geht. Erst später erhält dieses “Monster” dann Raum und menschliche Züge.
    • Die Radieschen sehe ich bildlich vor mir!
    • Tildas Ratespiel an der Supermarktkasse finde ich ebenfalls eine ganz tolle Idee! Man hat direkt die Personen vor Augen.
    • Schön, dass immer wieder Naturmomente Tilda kurz Ausbruch aus ihren Zwängen geben. Die Sonne auf der Haut, der Blick in den Himmel, … .

    Der Stil ist ingesamt sehr leicht, zugänglich, “jung” und man kann ohne Stolpern dem Geschehen folgen. So gleitet man über die Seiten als würde man selbst 22 Bahnen ziehen. Vielleicht würde hier und da aber ein Abtauchen in die Tiefe noch gut tun.

    Es bleibt spannend!

  • Ich bin schon durch mit dem Buch, und ich versuche, hier nicht zu spoilern…😅

    Der nächste Abschnitt bis Seite 263 ist für mich der dramatische Teil… hier wird klar, was jede Figur für eine Geschichte hat. Da ich ein sehr positiver Mensch bin, fand ich diesen Abschnitt eben deshalb dramatisch, weil fast alle, ausser Iona, irgendwas anbieten, was auf die Tränendrüse drückt… oder eben gerad eine Krise im Leben auslöst.

    Ok… Emmie.. mit ihrem: alles ist so toll Toby, wo ich aber die ganze Zeit drauf warte, dass dieser Sunshine ITler doch irgendein dunkles Geheimnis hat… was vom Stil, wie die Beziehung beschrieben wird, auch darauf schliessen lässt.

    Der Schreibstil an sich wird lockerer, es fallen nicht mehr so viele Begriffe, die zwar nicht wichtig sind, aber die man nur versteht, wenn man aus der Branche ist.

    Was mich noch beeindruckt, ist, wie es die Autorin schafft, die Empathien zu lenken… oder die Ansicht auf die Figuren zu verändern. Aus der schrulligen Iona wurde ein echter Star, aus dem breitbeinigen Macho ein kleiner Junge, der Schutz braucht…

    Ich bin voll in dem Buch drin, kann es kaum abwarten, weiterzulesen, muss oft echt lachen, und habe diese Truppe als buntes Bild vor mir.

    Ein sehr kurzweiliges Buch, das gerade wirklich einen echten Spannungsbogen aufbaut.

    • Beitrag von @MissMarple:

      Ich fand die “Reise nach Maskat” total spannend und musste sofort zu Ende lesen - unbedingt wolle ich das mysteriöse Verschwinden von Dora aufgeklärt haben. Den Schluss des Romans allerdings fand ich enttäuschend: Zu konstruiert, zu überladen und teilweise zu unglaubwürdig erschien er mir. Gut gelungen ist Rademacher die Schilderung einer dekadenten, profitgierigen Gesellschaftsschicht der Zwischenkriegszeit, die schon erahnen lässt, wohin die Reise führen wird, nämlich direkt in die Hitler-Barbarei (was für Jung und Fanny nichts Gutes erahnen lässt). Hier setzt Rademacher auch dezente gesellschaftskritische Akzente, wie sie z.B. bei Agatha Christie gänzlich fehlen.

      Fazit: Ein spannend zu lesender Krimi mit schwachem Ende - sicher nicht der beste Krimi von Rademacher. Wer einen besseren von ihm lesen möchte, dem empfehle ich “der Trümmermörder”, der 1947 in Hamburg spielt, atmosphärisch dicht und beklemmend ist, und einen überraschenden, aber stimmigen Schluss hat, oder die Reihe um Roger Blanc, die “luftig” daherkommt und ein Stück Feriengefühl vermittelt. Liebhaberinnen und Liebhabern von psychologischen Kriminalromanen empfehle ich die Krimis von Christine Brand - nicht immer leichte Kost, aber sehr interessant.

      • Bevor ich morgen an die Nordsee abdüsen darf, noch ein paar Gedanken zum zweiten Teil.

        Der zweite Teil hat mich zunehmend gepackt.

        Ich fand die Landschaftsbeschreibungen sehr treffend und stimmungsvoll. Die Wüste, die Pyramiden, die in jener Zeit noch ohne viel Touristenströme besichtigt werden konnten. Auch die Strapazen der Besucher… Erstaunlich, dass Lady Westmacott und ihre Begleiter so klaglos hinnehmen, dass Carter sie nicht ins Grab lässt, wo es doch so eine einmalige Gelegenheit gewesen wäre. Herrlich die Beschreibung, wie sie stattdessen dann wie verlorene Käfer das Tal der Könige durchstreifen. Ich habe es bildlich vor mir. Auch die Fahrt durch den Suezkanal, ein Schiff, das quasi durch die Wüste gleitet, ist herrlich beschrieben.

        Auch die Beschreibung des Sturms ist packend. Die Sicherheitsmassnahmen wie die Gitarre, die auf den Tischen aufgezogen wird. Die Wellen, die übers untere Deck brechen und verunmöglichen, dass man sich dort noch sicher aufhält. Die Gischt und das Salz in der Luft. Dann auch sehr schön die Bilder mit den Möven, die Delphine, die vor dem Bug spielen. All das erinnert mich an eine eigene Schiffpassage vor vielen Jahren.

        Ja, die Geschichte nimmt Fahrt auf. So viele Handlungsstränge (Adams und das Öl, Dorgeles als Schmuggler, der alte Rosterg und seine Machenschaften, Marthe und Ernst nächtlich auf Deck, der Matrose vor dem dritten Schornstein), so viele Familiengeheimnisse (Doras Herkunft, Ernsts Homosexualität) , so viele Ereignisse an Bord (Der Sturm, Marinetti als Dieb, dann als “Mann über Bord”). Ich übernehme das Misstrauen von Jung… plötzlich ist mir jeder verdächtig, traue ich allen alles zu. Selbst Dora, die vielleicht sogar selbst ihr Verschwinden geplant hat?

        Fast nicht aushalten kann ich Jungs äusserliche Gelassenheit, sein Mitwirken im üblen Spiel. Immer wieder möchte ich ihm zurufen: Pass auf, das kann Dir zur Falle werden! Sein Telegramm an Dora etwa. Seine Abmachung mit Marinetti. Seine Offenheit gegenüber Fanny.

        Ich hatte Mühe, das Buch an der vereinbarten Stelle wegzulegen. Ab morgen werde ich mich auf den Rest stürzen!

        • Start in die 2. Leserunde Port Said bis Aden, S. 131 - S. 264 🛳 📚

          Liebe Alle

          Herzlichen Dank für Eure interessanten Beiträge! Heute starten wir in die 2. Leserunde (für alle, die nicht schon weitergelesen haben :-) ). Ich hoffe, Euch gefällt der mittlere Teil genauso gut wie der erste.

          Inspiriert Euch die Lektüre, nach weiteren Themen zu forschen, die euch bisher unbekannt waren?

          Mir ist z.b. bewusst geworden, dass sich der Name des Schiffes “Champollion” tatsächlich auf einen Ägyptologen bezieht, und zwar derjenige, der mit Hilfe des Rosetta-Steines die Hieroglyphen entschlüsselt hat. Weil ich darüber mehr wissen wollte, bin ich auf folgendes Buch gestossen:

          Edwars Dolnick: Die Entschlüsselung der Hieroglyphen

          https://www.orellfuessli.ch/shop/home/suggestartikel/A1062310350?sq=Die Entschlüsselung der Hieroglyphen&stype=productName

          Und bin jetzt ganz begeistert am Parallellesen :-)

          Liebe Grüsse

          Nina