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Intro: “Weiterlesen und mich von der Story einsaugen lassen vs. Gar nicht erst weiter lesen, damit die Leere danach auch gar nicht erst kommen kann.” Falls jemand das Gefühl dieser inneren Vorahnung, dass ein Buch -Charakter haben könnte, auch kennt: hier kommst du evtl. Auf deine Kosten Ich kannte die asiatische Welt bisher nur aus Filmen à la 47 Ronin - viel Ehre, Stolz, strategische Kriegsführung, Aufopferung und unerfüllte Wünsche. Umso erstaunter war ich, dass die Geschichte langsam aufgebaut wurde - den Lesenden sanft in die Geschichte einführte, statt direkt in eine Plot zu werfen. Und trotzdem war da dieses Gefühl, dass sich in diesem Buch ein Schatz verstecken könnte. Ich las also weiter und bin froh, dass ich nicht aufgehört habe! Nach den ersten 50 Seiten Gewöhnung an den blumigen, metaphernreichen Schreibstil (und die Namen), war ich drinn. Die Geschichte von einer jungen Frau, welche aus ihrem Leben gerissen wird, die ihr auferlegte Verantwortung nur durch ihre eigene Entschlossenheit tragen kann und sich immer wieder gegen sich selber entscheiden muss, war fesselnd. Die Handlung hat gegen Ende so an Fahrt aufgenommen, dass ich jetzt nach der letzten Seite wirklich mit hier sitze. Trotz viel Krieg und Strategie hatten auch Themen wie Liebe, Freundschaft und Intrigen Platz. Ich konnte in eine historische Welt mit Drama und Thriller eintauchen und hoffe, dass das Buch verfilmt wird!

Wer Kling und seinen Schreibstil kennt und mag, wird hier grundsätzlich gut abgeholt. Durch die Ernsthaftigkeit der angesprochenen Themen wird das Level an humorvoller/kreativer Gesellschaftskritik analog Qualityland oder Känguru jedoch nicht erreicht, was ich aber sehr gut fand. Wäre sonst nicht passend gewesen. Trockene und treffend sarkastische Kommentare sind trotz allem punktgenau und zur Genüge platziert Ich hatte durchweg ein beklemmendes Gefühl beim Lesen, weil die Hauptfiguren und ihre Geschichten nahbar und auch fehlbar erzählt werden. Ich wurde wieder wacher gerüttelt und auf Themen wie Diskriminierung, Rechtsrutsch und Möglichkeiten & Gefahren von KI aufmerksam gemacht. Sehr direkt und grauenhaft real - genau das will ich bei solchen Büchern, emotional mitgehen und mitfiebern und etwas zum Nachdenken und Diskutieren haben, auch wenn die letzte Seite schon länger gelesen ist. Leider lässt das Buch zum Schluss für mich zu viele Fragen unbeantwortet und das Ende fühlte sich “hineingedrückt” an. Schade, weil Spannungsaufbau und -bogen bis dahin wirklich ausbalanciert waren. Fazit: um ein abschliessendes Fazit ziehen zu können, brauche ich einen zweiten Teil.

Caroline Wahls Schreibstil hat mich von Anfang an sehr angesprochen - frisch und modern. Obwohl mir keine detailliert beschriebenen Szenen aufgefallen sind, war ich sehr oft mit meinem inneren Auge mitten in den beschriebenen Situationen. Ich habe den 1. Teil nicht gelesen und bin trotzdem sehr schnell in die Geschichte eingetaucht. Die Geschichte rund um Ida hat mich gepackt, weil sie authentisch gewirkt hat. Ida trägt Verletzungen in sich, versucht jedoch trotzdem, mit ihnen umzugehen. Sie hat mich als Charakter total abgeholt und die Story lebendig wirken lassen, trotz des gewählten, eher kargen Schreibstils. Die weiteren Charaktere hatten ebenfalls Tiefe und wurden durch Idas Augen zwar aus Distanz, aber sehr nahbar beschrieben. Für mich insegsamt ein gelungenes Buch, welches mit den Themen Trauerbewältigung, Schuldgefühlen und “sich in all dem wieder neu finden”, sehr nah geht.

Ich finde die Art, wie Gestaltung und Inhalt des Buches einander beeinflussen sehr packend und kreativ gelöst. Die Themen (kulturelle Aneignung, Selbstwert und sich vergleichen, Schuldgefühl vs. “sich die Welt schön reden”) sind spannend und aktuell gewählt und regen zum Nachdenken an. Da mir aber der Hauptcharakter sehr unsympathisch erschien, konnte ich mich nur bedingt in die Story hineinfühlen und mitfiebern. Trotzdem lesenswert, wenn man bereit sich, sich selbst beim “sich über jemanden aufregen” zu erwischen und danach über dieses Phänomen nachdenken möchte