Kaum vorstellbar in unserer Zeit, dass Kinder hinter einem dunkelhäutigen Mann herlaufen, und “Neger, Neger” rufen. Dass Autofahrer es unterlassen, an der Ampel anzufahren, weil dieser dunkelhäutige Mann so eben die Strasse überschritten hat. Es gehört zu den Erfahrungen von Vincent O. Carter in den Fünziger-Jahren, der als dunkelhäutiger Einwohner der Stadt Bern derart exotisch war, dass er Reaktionen provozierte, die wir uns heute in urbanen Gefilden kaum mehr vorstellen können. Rassismus findet zwar nach wie vor statt, aber subtiler. Carter verstand sich als Schriftsteller und Künstler, was seinen Exotenstatus noch vergrößerte, war doch die Vorstellung, dass Schreiben Arbeit wäre, weit weg von jeglicher bourgeoiser Berner Arbeitsmoral. Seine Betrachtungen hat der feinsinnige und lebenslustige Bon-Vivant Carter seinem Bern-Book zusammen gefasst, dass jetzt im Limmat-Verlag erstmals in deutsch erschienen ist. Ein melancholischer Bericht seiner Gemütslage in seinem täglichen Kampf mit seinem Aussenseiter-Status und Künstler-Leben erwartet die Leserin und den Leser, einen nostalgischen Spaziergang durch das Bern der 50er-Jahre begleiten diese Leser*innenschaft, und einen schmerzhaften Blick in den Spiegel, der uns Carter da entgegenhält, gilt es zu verarbeiten.