«Die Lotosblüte» von Hwang Sok-Yong habe ich auf dem Japan-Tisch bei Orell Füssli entdeckt. Dabei hat mich nicht nur das Cover und die Geschichte auf dem Klappentext, sondern auch der Hinweis, dass dies das koreanische Pendant zu «Die Geisha» von Arthur Golden sein soll, sofort angesprochen.
Der Einstieg in die Geschichte ist spannend gehalten und man fühlt sich zu Beginn genauso verloren und verwirrt, wie es Protagonistin Shim Chong sein muss, als sie im Rahmen eines Schiffsrituals drei Mal fast ertränkt wird. Von ihrer Schwiegermutter verkauft, bekommt das junge Mädchen den neuen Namen «Lenwha» (Lotosblüte) und wird Zweitfrau eines alten Chinesen, der kurz darauf stirbt. Sein Sohn nimmt sich ihrer daraufhin an und macht sie in seinem Spielpalast zur Geliebten. Von diesem Zeitpunkt an setzt Lenwha immer wieder ihren Körper ein, um sich in neuen Situationen zurecht zu finden und einen Weg zu finden, ihr Leben besser zu gestalten. Egal ob sie erneut in die Fänge von Menschenhändlern gelangt, ihren Mann an die Regierung verliert oder einfach beschliesst zu gehen: sie bleibt dem immer gleichen Schema treu und setzt darauf, Etablissements mit hübschen Frauen zu eröffnen und zu führen. Dabei lässt sie auch immer wieder scheinbar geliebte Menschen in ihrem Leben zurück, ohne diese im Anschluss zu vermissen. Dadurch bleibt die Hauptfigur sehr flach und emotionslos, wodurch es einem schwer fällt, sich in sie hineinzuversetzen. Die Geschehnisse und Lebensabschnitte werden faktisch erzählt, was die geschichtlichen Abläufe und Hintergründe in Asien des 19. Jhdt. verständlich macht, der Geschichte aber nicht guttut. Als Lenwha am Ende des Romans für ihre Verhältnisse sehr emotional stirbt bleibt man als Leser:in etwas unbefriedigt zurück, da der Autor es im gesamten Buch verpasst, die Leserschaft emotional abzuholen.
«Die Lotosblüte» von Hwang Sok-Yong beginnt spannend, flacht aber leider sehr schnell ab. Die Protagonistin wirkt sehr emotionslos und auch die Handlung wiederholt sich zum Teil. Toll erklärt dagegen sind die geschichtlichen Hintergründe und Ereignisse, die sich einem auch ohne Vorwissen erschliessen. An «Die Geisha» reicht der Roman nicht heran. Schade.