Jules Tannberg arbeitet aushilfsweise für einen Freund beim Begleittelefon der Notrufzentrale. Menschen, die nachts auf dem Heimweg sind und Angst haben, können sich via Begleittelefon nach Hause führen lassen. Klara Vernet ist nicht auf dem Heimweg, hat aber trotzdem grosse Angst vor ihrem Ehemann Martin. Zudem wird sie von einem Serientäter verfolgt.
Das eher zufällig entstandene Telefongespräch zwischen Jules und Klara verbindet zwei Schicksale. Klara, die von ihrem Mann Martin misshandelt, gedemütigt und gequält wird und Jules, der nach einer familiären Tragödie versucht, wieder am Leben teilzunehmen. Beide Geschichten sind voller Brutalität und Entsetzen und geprägt von Trauer, Hass und ekelhaften Szenen. Ab und zu musste ich schlucken, wie abscheulich und leider zu bildlich Sebastian Fitzek gewisse Szenen beschreibt. Sie triefen vor Blut, Ausscheidungen und obszönen Handlungen. Ich hatte oft das Gefühl, dass Fitzek die Geschichte rund um diese Abscheulichkeiten gebastelt hat. Denn oft waren Handlungen für mich nicht richtig nachvollziehbar. Zum Beispiel tritt eine Figur freiwillig zur Behandlung in eine psychiatrische Klinik ein. Mit dem Wissen, dass sie dort an Experimenten teilnehmen wird.
Klara wird nicht nur von ihrem Mann schwer misshandelt. Er bringt sie auch immer wieder in gefährliche, bedrückende und abscheuliche Situationen. Klara wirkte jedoch auf mich zu grossen Teilen nicht wie eine Frau, die sich nicht zu wehren weiss. Wenn sie zum Beispiel mit Jules telefoniert, mausert sie sich plötzlich zu einer selbstbewussten und bestimmten Frau. Das und die Quälereien durch ihren Mann, in denen sie sich nicht wehrt, hat für mich nicht so ganz zusammengepasst.
Klara will zudem ihre 6-jährige Tochter Amelie ohne weiteres Martin überlassen, da sie entgegen all ihrer Erfahrung denkt, dass sich ihr Mann ein anderes Opfer suchen wird, wenn sie nicht mehr zur Verfügung steht. Sie hat dies selbst bei ihrem Vater so erlebt. Dieser Punkt empfand ich als unausgegoren.
Richtig gut gefallen hat mir der Schluss und damit die Auflösung, wer der Serientäter ist und was er von Klara will. Denn damit werden einzelne Passagen, die mir zuvor wirr vorkamen, im Nachhinein plausibel. Fitzek wäre nicht Fitzek, wenn die ganze Geschichte nicht konstruiert wäre. Ich denke, damit muss man bei den Thrillern von Fitzek einfach rechnen.