Ermittler Frank Mackey wird von seiner Schwester Jacky benachrichtigt, dass in der Nähe des Elternhauses ein alter Koffer gefunden wurde. Genau der Koffer, der vor 20 Jahren zusammen mit dem Nachbarmädchen Rosie Daly, verschwunden ist. Die damals 19 Jahre alte Rosie war die Jugendliebe von Frank und sie wollten zusammen nach England abhauen. Rosie kam am verhängnisvollen Abend nie am vereinbarten Treffpunkt an und galt seither als vermisst.
Im Zentrum der Geschichte steht die Vergangenheit von Frank Mackey. Nicht nur, dass der alte Vermisstenfall um seine Jugendliebe Rosie neu aufgerollt wird. Er setzt auch zum ersten Mal seit vielen Jahren wieder einen Fuss in sein Elternhaus in Faithful Place in Dublin. Mit seinen Eltern und Geschwistern hatte er, ausser mit Schwester Jackie, keinen Kontakt mehr. Unweigerlich fragt man sich, was geschehen muss, damit jemand all seine Zelte abbricht und mit der Vergangenheit abschliesst? Die Autorin hat eine zerrüttete Familie mit einem alkoholkranken Vater und in ärmlichen Verhältnissen gezeichnet, bei der man die Enge und den Hass nachempfinden kann. Tief betroffen haben mich Rückblicke auf Erlebnisse in der Kinder und Jugendzeit gemacht. Kaum vorzustellen, wie Kinder aufwachsen müssen.
Tana French vermittelt glaubhaft das Bild einer Familie in den 60er Jahren in Dublin. So nimmt der Vermisstenfall etwas weniger Platz ein, als gedacht und erhofft. Geschwisterrivalität, Eifersucht und alte Wunden aus der frühen Kinder und Jugendzeit verdrängen den Vermisstenfall mehrheitlich.
Ermittlungen werden en famille geführt und Frank ist oft gefangen zwischen Beruf und Privatleben.
Ich bin ein Fan der Autorin und der Schreibstil ist durchwegs gut. Niemand versteht es besser 600 Seiten so zu füllen, dass man sich nicht langweilt. Zudem lockert oft Wortwitz und die sarkastische Art von Frank die Geschichte auf.
Überhaupt ist Frank Mackey eine gelungene Figur, bei der ich mir allerdings vorstellen kann, dass sie bei den Lesern polarisiert. Ich mag keine 08/15 Ermittler und in diese Rubrik fällt Frank keineswegs. Er ist, wie gesagt, sehr sarkastisch und lebt für seinen Beruf. Doch das Wichtigste überhaupt ist ihm seine Tochter Holly. Im Umgang mit ihr wird er lammfromm und zeigt seine verständnisvolle Seite.