Im «dunklen Herz von Palma» geht es um die verzweifelte Suche einer Familie (v.a. des Vaters) nach der vor mehreren Jahren auf Mallorca verschwundenen Tochter. Typische Krimi-Elemente sind im ganzen Buch zu finden und lassen die Spannung steigen: Welche Rolle spielt(e) die Polizei und was hat die Mafia mit dem Verschwinden des Mädchens zu tun? Zu Beginn besteht der Roman vor allem aus dem Aufarbeiten von Vergangenem, bis dann plötzlich klar wird, dass einigen Leuten gar nicht gefällt, dass die Eltern nach wie vor Nachforschungen anstellen…
Etwas gewöhnungsbedürftig für mich war, dass das eigentliche Verbrechen im Vorgänger-Roman passiert ist und die Leserin somit gar nie genau erfährt, wie das Mädchen verschwunden ist. Auch treffen wir beim Lesen auf viele Figuren aus dem 1. Roman, die uns jetzt nur noch ganz bruchstückhaft gezeigt werden. Der Leser leistet wahre Detektiv-Arbeit, um alle Vernetzungen und Vorgeschichten so gut wie möglich herzuleiten, leider hatte ich dabei immer das Gefühl, ganze Bedeutungsebenen zu verpassen, weil mir das 1. Buch nicht bekannt war. Ich würde Krimi-Begeisterten also auf alle Fälle empfehlen, zuerst «Verschollen in Palma» zu lesen.
Begeistert hat mich jedoch, dass wir nicht nur knallharte Detektivarbeit vorgesetzt bekommen, sondern auch viel vom Umgang der Elternteile mit dem Verschwinden ihrer Tochter mitbekommen. Das Buch zeigt auf beeindruckende Weise auf, wie verschieden die Reaktionen auf solch einen Verlust eines Kindes sein können, was so ein Schicksalsschlag mit einem selber macht und wie schwer die Entscheidung sein kann, weiter nach der verschollenen Tochter zu suchen oder stattdessen die eigene Liebe in die Familie zu investieren, die noch «da» ist. Sehr gefallen hat mir auch die Sprache: Die viele abgebrochenen Sätze, Ellipsen, die abwechselnd direkte und indirekte Rede, die Vermischung von Aussagen und Gedanken zeigen eindrücklich die innere Zerrissenheit und Unsicherheit des Vaters.
Fazit: Ein spannender Krimi mit tiefen psychologischen Einsichten, ein Thema, das mich als Mutter sowieso sehr mitnimmt, und eine kraftvolle Sprache. Schade fand ich, dass mir wohl einige Hintergrundinformationen aus dem 1. Roman gefehlt haben, ebenso schade, dass die Auflösung ganz am Ende des Romans etwa gleich bruchstückhaft blieb wie die Ermittlungen dazwischen. …aber vielleicht steuert der Autor damit nur auf eine allfällige Fortsetzung zu?