Ein hinreissender Emanzipationsroman!
England, zu Beginn des 20 Jahrhunderts: Laura Willowes, von allen nur Lolly genannt, ist 28, als ihr Vater stirbt. Zu diesem Zeitpunkt hat sie schon 10 Jahre seinen Haushalt geführt - sie gilt als “alte Jungfer”. Die Verwandten beschliessen, dass es das beste für Lolly sei, zu ihrem Bruder und dessen Familie nach London zu ziehen. Und Lolly fügt sich. In London wird sie “gebraucht”, im Haushalt, für die Kinder, das ist nicht “Arbeit” in unserem heutigen Sinn, aber es ist ganz klar, dass sie an dem Familienleben teilzunehmen hat, dass ihr Tag von dem Rhythmus der anderen bestimmt wird. Lolly hat ein Einkommen - der Vater hat ihr einiges hinterlassen, aber es ist ihr Bruder, der das Geld verwaltet. Lolly ist nicht selbstbestimmt, bis … bis sie es eben doch wird, mit einem grossartigen Schwung ihre Fesseln abwirft und nach “Great Mop” zieht, ein Dorf, umrahmt von Buchenwäldern. Dort ist sie glücklich - bis einer ihrer Neffen ihr hinterher zieht, weil er es in Great Mop auch so schön findet - und schwupp steckt Laura wieder in der Rolle der Lolly fest und muss Tanten-Dinge erledigen.
Wie den eigentlich geliebten Neffen loswerden und die so herrlich erfahrene Freiheit zurückerlangen? Lolly geht einen Pakt mit dem Teufel ein - der in diesem Roman übrigens eine ganz wunderbare Gestalt hat. Ihre Überlegungen, warum Frauen viel mehr auf den Teufel angewiesen sind als Männer sind von brillanter Schärfe. Denn eigentlich geht es in diesem Roman um den harten Kampf der Selbstbestimmung. Townsend Warners Statement, dass Frauen des Teufels bedürfen, um sich ihrer Zwänge und Verpflichtungen zu entledigen - was für eine Ohrfeige an die Gesellschaft! Ein absolut lesenswertes Buch, übrigens mit feinem Stil und einer grossen Portion englischem Humor verfasst. Sehr sehr lesenswert.