Susanne Tgder legt hier ihren ersten Krimi vor und ich war sehr gespannt, eine neue Autorin kennenzulernen.
Kriminalhauptkommissar Groth aus Hamburg kehrt in seine Heimatstadt Wechtershagen in Mecklenburg zurück - als Aufbauhelfer Ost. Die Wende liegt erst wenige Jahre zurück und aus den ehemaligen Volkspolizisten sollen moderne Ermittler mit westdeutschen Methoden geschult werden. Eine sehr zähe Aufgabe, denn vor allem in den älteren Polizisten sind die alten Vorgehensweisen tief eingebrannt.
Groth begegnet im Hof des Polizeireviers ein Odachloser, Siegmar Eck, der sich verfolgt fühlt. Groth weiss nicht recht, was er davon halten soll. Dann ist Eck, der im Sommer als Bootsverleiher arbeitet, zwei Tage später tot, scheinbar im See ertrunken. Er, der gemäss der Aussage der Kellnerin Regine Schadow aus dem Ausflugslokal am See, ein hervorragender Schwimmer gewesen ist.
Die Autorin erzählt sehr ruhig und schnörkellos und aus dieser gradlinigen Sprache erwächst ein Sog, zunächst sehr zurückhaltend, dann aber von Seite zu Seite mit grösserer Kraftentwicklung. Die Beobachtungen lassen mich an Geoerges Simenon denken - es ist das eigentlich Unscheinbare, welches packende Stimmungsbilder zeichnet und die Charaktere der Protagonisten sehr nah und lebendig beleuchtet wie Groths Kollegen Gerstacker, der das System der Volkspolizei bestens aus langjähriger Erfahrung bestens kennt. Zur unmittelbaren Nähe mag auch die Tatsache beitragen, dass Susanne Tägder im Präsens erzaählt.
Aus den Seiten steigt der Mief der Kleilichkeit, der Trostlosigkeit, des Wegduckens, des Vertuschens und des Schweigens auf, gepaart mit tiefem Misstrauen gegen alle und alles, was aus dem Westen kommt. Die Menschen sind gefangen in ihrer Vergangenheit als DDR, die sie fürchteten und auch hassten, aber dennoch nicht ablegen können, jetzt, da sie doch frei sind. Nicht nur das, die Autorin zeigt uns mit erschreckender Klarheit, wie alte Seilschaften nach der Wende chamäleonhaft weiterfunktionieren, ja sogar prächtig gedeihen. Die DDR ist nicht mehr, aber die DDR lebt weiter.I n ihrem Weltbild, in ihrem Denken.
Mit enormer Beharrlichkeit kommen Grozh und Gerstacker dem Mörder Ecks auf die Spur, um hinter diesem Mord einen ganz andere Mord zu erkennen.
Ich finde dieses Erstlingswerk sehr beeindruckend! Ja, ich darf sagen, garndios. Ein Scheinwerfer auf die j¨üngere deutsche Geschichte. Unbedingt lesenswert! Ich hoffe, von Susanne Tägder noch viel lesen zu können.