In Fleur Jaeggys 1989 erstmalig erschienener Novelle blickt eine namenlose Ich-Erzählerin zurück auf ihre Kindheit und Jugend, die sie in diversen Internaten verbrachte. Insbesondere die Zeit im Appenzell und die Begegnung mit der etwas älteren Frédérique stehen im Fokus.
Jaeggys Sätze sind meist knapp und stecken oft voller Widersprüche, die uns aufschrecken, uns auf Trab halten, die das soeben Gesagte in einem ganz anderen Licht erscheinen lassen. Sie spielt mit Bildern und wiederkehrenden Themen, Tod und Vergänglichkeit schweben über allem und legen sich über das vermeintliche Idyll. Nach aussen hin beherrscht, demütig, folgsam, ist das Innere der Erzählerin schonungslos, teils gewalttätig, auch in der Abrechnung mit sich selbst, ihren Mitschülerinnen und den erwachsenen Bezugspersonen.
In den kurzen Kapiteln springt sie zwischen den Zeiten und Erinnerungen hin und her, gelegentlich redet sie von sich in der dritten Person oder wird verschluckt von einem gesichtslosen Wir. Hat sie eben noch gesagt, sie sah Frédérique nie wieder, gibt es kurz darauf ein Treffen der beiden. Auch in dieser Hinsicht steckt die Erzählung voller Widersprüche.
Keine Lektüre für vergnügliche Stunden, stattdessen haftet ihr etwas Rohes, Dunkles an. Ein Buch, das sicherlich ganz unterschiedlich gelesen wird, das mit mehr Literaturkenntnis bestimmt viel besser analysiert werden kann und somit Stoff für literarische Diskussionsrunden bietet.
Aus dem Italienischen von Barbara Schaden.