Dieser Roman, dessen Figuren zwar erfunden sind, aber dessen geschichtlicher Hintergrund dafür umso realer ist, handelt vom Bürgerkrieg in Sri Lanka. Die Autorin V. V. Ganeshananthan schafft es mit unglaublich viel Feingefühl, historischen Fakten und einem ausgezeichneten Schreibstil statt eines trockenen Sachbuches einen berührenden und gleichzeitig aufklärenden Roman zu verfassen.
Sind viele historische Fakten verarbeitet? Auf jeden Fall - und das ist auch zwingend notwendig. Ein Bürgerkrieg, der 26 Jahre gedauert hat und dessen Kriegsverbrechen bis heute noch nicht aufgearbeitet wurden, bedarf unbedingt einer möglichst differenzierten Betrachtung. Aber ohne Mitgefühl für die ganz unterschiedlichen Entscheidungen, Unsicherheiten und Schicksale wäre dies nicht möglich. In meinem Empfinden hat die Autorin diesen Spagat hervorragend gelöst.
Durch geschickte Fragen an die lesende Person aber auch an sich selbst, den unbeschönigten historischen Ablauf und die gleichzeitig aber emotional sehr greifbaren Schicksale der vielschichtigen Figuren schafft es V. V. Ganeshananthan, die Wirren, die konstante Instabilität, die Vielschichtigkeit und die Unsicherheit dieses Bürgerkrieges wahnsinnig gut auf- und einzuarbeiten sowie zugänglich zu machen.
Sprich insofern die Lesenden bereit sind, sich auf diese unterschiedlichen Perspektiven einzulassen, ihre eigenen (Vor-)Urteile dabei zu entlarven und so eine ganzheitlichere Sichtweise einzunehmen, ist dieses Buch wirklich für alle ein grosser Gewinn.
Ja, es kommen viele verschiedene Figuren vor und es werden auch Worte in Tamil verwendet (ohne Glossar). Trotzdem lässt sich das Buch sehr gut lesen und verstehen. Denn genau alle diese Figuren, sind wie gesagt wichtige Teile eines Ganzen, um eben diese Komplexität des Bürgerkrieges in Sri Lanka abbilden zu können.
Menschen, die sich in ihren Grundrechten und Werten verraten fühlen, schliessen sich einer populistischen Bewegung an, und merken nicht oder viel zu spät, dass sie instrumentalisiert werden. Der Staat schaut weh und unterdrückt die Minderheiten. Unzählige Zivilisten geraten ins Kreuzfeuer. 80′000 bis 100′000 Menschen sterben. Denn ein Bürgerkrieg fragmentiert die Bevölkerung. Plötzlich gelten nicht mehr dieselben Regeln, Menschen, von denen du geglaubt hast, dass du sie super gut kennst, verändern sich um 180 Grad und du vertraust ihnen nicht mehr. Was du davor als gegeben und sicher wahrgenommen hast, zerfällt vor deinen Augen. Nichts hat Bestand, ausser der sicheren Unsicherheit.
Vor diesem Hintergrund einen aufwühlenden aber noch verarbeitbaren Roman zu schreiben, der trotz der grässlichen Wahrheit an die Menschlichkeit glauben lässt, macht Der brennende Garten ausserordentlich wichtig - und absolut lesenswert.