Ein junger gehypter Schweizer Autor, der on- und offline omnipräsent ist. Ein schönes Cover (Lipizzaner) und ein Inhalt, der reizvoll scheint, mit Bezug zum Heute. Als wäre es geplant, erschien das Buch just in der Zeit zwischen “Zürich liest” und der Frankfurter Buchmesse. Verkaufszahlen und Nachfrage garantiert, aber nichts dahinter. Ziemlich viel Wind für etwas, dem es nicht gerecht wird.
“Shooting-Star”, “ein neuer Zauberer”, “ein Pageturner”, “ein erstaunliches Buch” heisst es unter anderem im Klappentext. Macht natürlich Lust, sich selbst ein Bild davon zu machen vor allem, wenn es sich um die Geschichte einer Adelsfamilie - Autofiktion! - handelt, die von ganz oben nach ganz unten sinkt. Ist zwar der rote Faden, aber nicht ganz gelungen.
Man taucht in die Welt der (fiktiven) Adelsfamilie Lazar ein, in ihr Schicksal. Erlebt ihre Freuden, Affären, Leid und Glück. Vor dem inneren Auge rollt schon von der 1.Seite ein Film ab: Man sieht sich im Schloss, in den Zimmern und der Ahnengalerie. Begleitet den auktorialen Erzähler quasi als Kiebitz. Einfache Sätze, die sich mit Schachtelsätzen abwechseln, gespickt mit Plattitüden, die man von “Sissi” kennt. Jedes Kapitel endet mit einem sog. Cliffhanger, über den man dann nicht mehr weiter nachdenkt. Ein Stil, den auch wenig anspruchsvolle Leser verstehen. Eher farblose Protagonisten, gefühlsarm, oberflächlich. Und das zieht sich über 330 Seiten!
Dass der Autor noch jung, unerfahren und unsicher ist - auch betreffend Gefühlen - ist auf jeder Seite zu spüren. Buchschreiben war eine Art Therapie für ihn. Kam mir ein bisschen umgekehrt wie der alte Picasso vor, der noch im hohen Alter Sexgelüste hatte. Passt nicht, ist nicht stimmig, aber offensichtlich traf das Buch einen Nerv, was Grosseltern- wie Enkelgeneration anspricht und natürlich - nicht zu vergessen! - die ungarische Flüchtlingsgeneration! Aber gerade von der war wenig zu spüren; dieser waren knapp 30 Seiten gewidmet am Ende des Buches. Viel Luft also um nichts. Wenigstens wurde die eigentliche Flucht 1956 eingebaut, aber dafür hätten lediglich 1 oder 2 Sätze genügt.
Mich persönlich hat’s nicht überzeugt, gehöre ich doch auch zur Flüchtlingsgeneration, weiss also, was das bedeutet. Aber der Autor konnte es nicht vermitteln. Warum schreiben, wenn er vor allem online recherchieren musste dazu? Ohne Recherche hätte sich der Buchinhalt auf gut 20 Seiten reduzieren lassen.