Normandie zu Beginn des 19. Jahrhunderts. Die junge Jeanne, die eine Klosterschule für besonders Tugendhafte absolviert hat, kehrt mit ihren Eltern in ihr zukünftiges Heim zurück, ein eindrückliches Anwesen hoch über dem Meer. Sie ist glücklich, der Enge des Klosters entflohen zu sein und geniesst jeden Moment mit Spaziergängen, Gesprächen und Ausfahrten auf dem Wasser mit ihrem Vater, dem immer fröhlichen Baron von XY. Als eines Tages Julien de Lamare, ein gut aussehender Kleinadliger, zu Besuch erscheint, bringt er die reichlich unbedachte Jeanne ins Schwärmen, er ist charmant, hat Manieren und scheint die richtige Person zu sein, in die man sich verlieben könnte, was dann auch bald geschieht, die Hochzeit ist nicht mehr fern. Nachdem man die beiden am Meer getraut hat, gehts auf die Hochzeitsreise nach Korsika, wo Jeanne bald bemerkt, dass sie wahrscheinlich einen schweren Fehler gemacht hat. Julien vergewaltigt sie, ist nicht mehr charmant, er ist schmerzhaft geizig, verachtet das einfache Volk und geht mit allem fremd, was einen Rock trägt. Als sie nach der Rückkehr alles ihren Eltern und dem Priester des Dorfes berichtet, wird sich auf die Seite von Julien geschlagen, denn Frauen bilden sich eh immer nur alles ein, selbst ihre gutmütigen Eltern finden es nicht so schlimm, wenn der Mann in andere Betten hüpft. Als Jeanne dann auch noch schwanger wird, nimmt das Unheil seinen Lauf.
An Maupassant faszinieren mich so einige Dinge. Er geht ausserordentlich kritisch mit seiner Zeit und seinen Landsleuten ins Gericht, zerstört mit immenser Wucht die Vorstellung von der beschaulichen, alten Zeit, zeigt auf, wie der Adel dieser Zeit ein völlig unnützes und langweiliges Leben geführt hat, aber gleichzeitig auch das einfache Volk ausgebeutet hat. Er verspottet die reiche Kaste von Schmarotzern, die der Welt nichts bringen, ihre Zeit mit Reiten,Saufen, Rumhuren und einschläfernder Konversation totschlagen und zu Recht später untergehen werden.
Der Autor ist ein scharfer Beobachter von Charakteren, fühlt mit ihnen, aus seinen Worte spricht eine grosse Lebenserfahrung, die wohl nur unter Schmerzen gemacht werden konnte. Man leidet mit, sieht die Katastrophe kommen und kann doch nichts tun. Ein Roman, der circa 1820 spielt, aber auch problemos heute spielen könnte. Der Stil wäre einfach ein bischen weniger gestelzt. tolles, verstörendes Buch, grosser Autor!