Zuweilen habe ich den Anspruch an mich selbst, meine Rezensionen in gemässigte Bahnen zu lenken, sowohl Begeisterung als auch Missfallen etwas zu bändigen. Ich glaube zwar nicht an Objektivität, möchte aber trotzdem neben aller Subjektivität auch etwas Allgemeines zu sagen versuchen.
Das ist mir an dieser Stelle aber mal komplett egal.
Bei Nausicaä komme ich nicht umhin, ins Schwärmen zu geraten. Die Serie ist über 40 Jahre alt, zum ersten Mal habe ich sie im Alter von vielleicht 12 Jahren gelesen, danach mit gebührendem Abstand immer mal wieder hervorgeholt und meine Begeisterung hat jedes Mal noch zugenommen. Bis heute hat es kein Manga geschafft Nausicaä in seiner Gesamtheit vom Thron zu stossen. Es gibt den einen oder anderen Titel, der mir persönlich nähersteht (oder geht), der in einer bestimmten Sparte stärker ist. Aber als Gesamtwerk, als Summe all seiner Teile, türmt Nausicaä höher als der Olymp.
Sind es seine zeitlosen Themen, deren Anzahl viele sind und die sich nahtlos in eine kohärente Geschichte in einer authentischen Welt einfügen, sich gegenseitig ergänzen, ohne dass eins zu kurz käme?
Ist es der (proto-) ghiblische Zeichenstil, fein und detailverliebt, der riesige, atemberaubende Naturszenen, fantastische Insektenwesen, schreckliche Kriegsszenarien (bis hin zu quasi-atomarer Verbrennung) und irreale Wesen abdeckt?
Oder sind es die Figuren, die liebens- oder verabscheuungswerten oder jene, denen man mit gemischten Gefühlen begegnet und die man jede einzelne ins Herz schliesst, ob Pro- oder Antagonist; man muss sie nicht mögen, um sich an sie zu erinnern.
Und allen Figuren voran, Nausicaä selbst. Über alle Medien hinweg wahrscheinlich meine Lieblingsheldin, unglaublich stark doch ohne Übertreibung; sie kann nicht mehr als menschenmöglich, aber ihr Wille, ihre Überzeugung und ihr Herz lassen sie, trotz herber Rückschläge, nie verzagen, stets weitermachen, hoffen, kämpfen, leben.
Miyazakis Repertoire erscheint endlos, seiner Fantasie sind scheinbar keine Grenzen gesetzt – doch er setzt die Grenzen selbst, kommt ohne die im modernen Manga typischen Übertreibungen aus; das fühlt sich rund an, das stimmt; Fantasy, Science-Fiction und Allegorie geben sich die Hand, das harmoniert, das lebt!
Abschliessend eine kurze Anmerkung an alle, die den Anime/Film gesehen haben. Dieser wurde zu einer Zeit produziert, als der Manga noch nicht abgeschlossen war. Daher deckt er nur einen Bruchteil der Geschichte ab; der Film ist solide, Rückschlüsse auf den Manga ziehen sollte man jedoch nur bedingt.
In diesem Sinne: Uneingeschränkte, maximale Leseempfehlung. Vielleicht auch an jene, die mit dem Medium Manga nicht viel anfangen können. Wenn ihr es mal probieren wollt, ist dies meine Empfehlung - gerade auch, weil er viele Klischees des modernen Manga nicht erfüllt.