“Die Unschärfe der Welt” ist ein grandioser Roman über eine Familie aus dem Banat, ein Roman über die Diktatur in Rumänien, den zusammenbrechenden Ostblock, über Neuanfänge, Heimat, Erinnerung und über die Verzweigungen menschlicher Lebenswege.
Iris Wolff hat eine ebenso behutsam wie klug arrangierte Komposition geschaffen: Im Zentrum steht Samuel, den wir aber in jedem Kapitel durch die Augen einer anderen Figur betrachten, die Teil seines Lebens ist. Wolff selbst sagt dazu, dass sie beweisen wollte, dass man eine Biographie nie als einzelne Geschichte erzählen kann: Wir sind Menschen, wir stehen in Bezug zu anderen Menschen. Ein spannender Ansatz, denn der Protagonist selbst bekommt kein eigenes Kapitel, keine eigene Stimme - und dennoch ist man ihm als Leserin die gesamte Zeit ganz nah.
Die sieben Kapitel sind ein Kaleidoskop funkelnder Einzelteile, die sich zu einem wunderbaren Gesamtgewebe zusammensetzen. Ein Roman, der phasenweise hart ist, was den Inhalt angeht, in einer elektrisierenden, leuchtenden Sprache. Sehr, sehr lesenswert.