Die Grundidee von „Holmes & Moriarty“ ist ebenso gewagt wie faszinierend: Zwei Erzfeinde, die gezwungen sind, zusammenzuarbeiten – das verspricht Spannung und psychologische Tiefe. Gareth Rubin gelingt es, diese Dynamik durchaus interessant darzustellen, doch nicht alle Erwartungen werden erfüllt.
Der Einstieg in die Geschichte ist packend, die Atmosphäre düster und gut recherchiert. Besonders gelungen ist die Darstellung des viktorianischen Londons, das als Kulisse hervorragend funktioniert. Auch die Charaktere sind grundsätzlich überzeugend – Holmes bleibt analytisch und kühl, Moriarty geheimnisvoll und brillant. Dennoch wirkt ihre Zusammenarbeit stellenweise etwas konstruiert und nicht immer ganz glaubwürdig.
Was mir gefehlt hat, war ein durchgehend starker Spannungsbogen. Nach einem vielversprechenden Anfang verliert die Handlung im Mittelteil etwas an Tempo. Einige Wendungen wirken vorhersehbar, und die Auflösung am Ende kommt zwar überraschend, aber nicht ganz befriedigend. Auch stilistisch bleibt Rubin hinter dem Potenzial zurück – die Sprache ist solide, aber nicht besonders einprägsam.
Trotz dieser Kritikpunkte ist „Holmes & Moriarty“ ein lesenswerter Roman für Fans klassischer Detektivgeschichten, die Lust auf eine neue Perspektive haben. Wer allerdings tiefgründige Charakterentwicklung und literarische Raffinesse erwartet, könnte etwas enttäuscht werden.