Luke ist 27 Jahre alt und Vater von Samuel, der ein paar Monate zuvor zur Welt gekommen ist. Durch die Geburt seines kleinen Sohnes rückt für Luke die Frage nach seiner leiblichen Mutter in den Vordergrund. Seine Freundin Hannah ermuntert ihn, nach der Frau, die ihn als Baby weggegeben hat, zu suchen. Luke findet seine biologische Mutter Alice, die als Malerin arbeitet und nimmt mit ihr Kontakt auf. Alice wurde als knapp 20-jährige schwanger von ihrem Freund Jacob und sah sich nach einer Wendung in ihrem Leben gezwungen, ihr Baby zur Adoption freizugeben. Luke und Alice nähern sich einander an und beide müssen tiefe Wunden aus der Vergangenheit aufarbeiten, um die Chance zu haben, eine Beziehung aufbauen zu können.
Das Thema Adoption ist in dieser Geschichte allgegenwärtig. Auf zwei Erzählebenen wird die Geschichte des adoptieren Luke und seiner biologischen Mutter erzählt. Einmal in der Gegenwart im Jahr 2000, als Luke die Suche nach seiner Mutter aufnimmt, sie schlussendlich kennenlernt und merkt, dass er nicht einfach dort anknüpfen kann, wo seine Mutter vor 26 Jahren ihr Band trennen musste. Und dann 1972 als Alice sich als junge Kunststudentin verliebt, schwanger wird und die Entscheidung treffen muss, ob sie ihr Kind aufziehen kann oder nicht.
Die beiden Stränge sind klar strukturiert und so erfährt man in der Gegenwart vor allem Lukes Gefühle und sein Leben als Familienvater. Alice spielt darin zwar eine Rolle, bleibt jedoch eher im Hintergrund. Sehr gefesselt hat mich die Tatsache, wie trotz eines angenehmen Lebens bei Adoptiveltern, Luke stets ein wichtiger Teil gefehlt und wie ihn das in seinem ganzen bisherigen Leben geprägt hat. Hier wurden sehr viele psychologische Erkenntnisse zu Adoptionen und die Folgen eingearbeitet und man spürt die hervorragenden Recherchen. Bei Kapitelbeginn in der Gegenwart bekommt man zudem Zitate aus „Wer bin ich? Das verborgene Trauma adoptierter Kinder von Joel Harris „ zu lesen. Diese Zitate haben mich berührt und nachdenklich gemacht.
In den Kapiteln, die in der Vergangenheit handeln, steht dann Alice im Vordergrund. Hier bekommt man eine Liebesgeschichte, die in der Künstlerszene seinen Ursprung hat. Mir waren die etlichen Passagen über Malerei zu detailliert beschrieben. Wenn die Autorin sich hier zurückgehalten hätte, wäre das Buch perfekt gewesen. Ich muss dazu sagen, dass ich in diesem Thema weder bewandert bin, noch, dass es mich sonderlich interessiert. Nach und nach kristallisiert sich heraus, was mit Lukes Vater war. Die Autorin hat hier ein Tempo, hin zur Auflösung gewählt, das mich das Buch kaum mehr hat aus der Hand legen lassen. Die Auflösung dann hat mich erschüttert und überrascht.
Die Verbindung der beiden Zeitebenen ist das Zusammentreffen zwischen Alice und Luke. Oft werden in der Gegenwart Dinge erwähnt, die man dann in einigen Kapiteln später in der Vergangenheit „erlebt“. Im Wissen mit den Details aus der Vergangenheit machen Handlungen einzelner Figuren in der Gegenwart Sinn. Die Geschichte entwickelt eine Tragik, die mich erschüttert hat.
Das Buch bietet vielen Themen eine Heimat. Verarbeitung und Verlust des eigenen Kindes, Adoption und seine Folgen, aber auch Akzeptanz zu gleichgeschlechtlicher Liebe und sogar eine Prise Psychothriller in der Gegenwart. Sehr gelungen fand ich auch, wie das Thema Depression eingeflochten wurde.
Ich hatte zu Beginn einige Schwierigkeiten mit den Figuren. Im Lauf der Handlung konnte ich sie jedoch gut verstehen. Ihre Reaktionen, Handlungen und auch Gefühle machen im Rückblick betrachtet sehr viel Sinn. „Eines Tages für immer“ ist ein Buch, das in mir nachklingen wird!