An der Oberfläche eines eingefrorenen Sees taucht eines Morgens eine Leiche auf und bringt die Ereignisse von Martina Clavadetschers Roman «Die Schrecken der anderen» ins Rollen. Es ist im Kern eine zutiefst politische Geschichte. Eine Geschichte vom Hin- und Wegschauen, von der Verantwortung jedes einzelnen von uns: «Das Aufdecken der Geschichte ist eines, sagt die Alte. Hinschauen, ein Zweites. Aber wir wissen alle, das Schwierigste ist ein Drittes, und zwar daraus zu lernen und entsprechend zu handeln […]» Clavadetscher verbindet Schweizer Mythen und historische Fakten zu einem immer engeren Geflecht. Beeindruckend einmal mehr, wie sie mit Sprache, Rhythmus und Tempo spielt, welchen Rausch manche Passagen entwickeln, wie bildhaft andere ans Theater erinnern und wie prägnant wiederum andere auf aktuelle Missstände aufmerksam machen. Zu Beginn dominieren Krimielemente, es ist nicht klar, wie die einzelnen, von einer allwissenden Erzählfigur geschilderten Stränge zusammengehören. Mit der Zeit wird dies klarer und der Roman politischer, aber es wird nicht alles komplett aufgelöst zum Schluss, es bleiben Fragen offen und auszuhalten, die wir teils für uns selbst beantworten müssen. Ein Roman, der mich von Beginn an gefesselt hat, schräg, oft mit grotesken Zügen und faszinierend, anders und mit grosser Wucht.