Wer Pathos und Kitsch nicht scheut, könnte an der Geschichte von Camille (81) und ihrer Ex-Schwiegertochter, Isabelle, Freude finden. Nach dem Tod von Camilles Sohn machen sich die beiden Frauen auf einen Roadtrip und die Suche nach Seelenfrieden, was sie durch die Normandie und die Bretagne führt. Das französische Flair verströmt Fernweh und Urlaubsgefühle. Dazu tragen auch die zahllosen Beschreibungen kulinarischer Genüsse bei (Vorsicht ist jedoch angeraten beim Verzehr des typisch bretonischen Kuchens Kouign Amann - ich wurde jedenfalls ins sofortige Fresskoma befördert :-)). Die Beziehung der beiden Frauen ist geprägt von gegenseitigem Respekt, liebevoller Fürsorge und Unterstützung. Entsprechend frei von personellen Konflikten ist der Roman. Es sind vielmehr die inneren Konflikte und der Graben zwischen persönlichen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Erwartungen, gerade an Frauen, die die Protagonistinnen umtreiben. Darüber hinaus thematisiert der wenige Wochen umfassende und abwechselnd aus Sicht von Camille und Isabelle je in der ersten Person geschilderte Roman Trauer, Verlust, Burn-Out und Vereinsamung, aber eben auch Neubeginn, Hoffnung und Lebensmut.
Aus dem Französischen übersetzt von Ingrid Ickler ist “Zwei am Meer” eine leichte, schnurgerade Wohlfühllektüre, die mir persönlich ein wenig zu seicht war.