Wer dieses Buch liest, geht das Risiko ein, dass er sich Themen stellen muss, die wir nur allzu gerne und allzu oft verdrängen: Krankheit, Pflege, Sterben und Tod. Da erzählt die deutsche Autorin und Journalistin wie sie ihren Mann nach einem Schlaganfall bis zu dessen Tod fast zehn Jahre gepflegt hat. Dieser Schlaganfall trat ein, kurz bevor sie ihn verlassen hätte. Was passiert mit einer Liebenden, wenn sie ihren stets eloquenten und geistreichen Gatten, einen ehemaligen ARD-Journalisten, reduziert auf schwerverständliches Brabbeln erlebt? Sie spürt seinen nach wie vor scharfen Intellekt, doch der ist Gefangen in einem Körper, der elementare Grundfunktionen nicht ohne Hilfe ausführen kann. Wenn sie mit ihrem Mann zum Bäcker geht, er in seinem Rollstuhl schief und geifernd, kommt es vor, dass Leute die Strassenseite wechseln, die früher mit dem Kranken auf Du und Du verkehrten. Da gibt es auch die Anderen, die regelmäßig zum Vorlesen vorbeikommen. Es ist ein Wechselbad von poetischen Momenten einer Schicksalsgemeinschaft und Momenten der Überforderung und Resignation, die dieses Buch auszeichnet. Die Autorin geht der Opferrolle erfolgreich aus dem Weg, sie weiss, warum sie diese schwierigen Weg geht. Das Buch ist inhaltlich also stärker Tobak, sprachlich hingegen ein Schatz. Unglaublich elegant und auf eine angenehme Art persönlich teilt Gabriele von Arnim ihre Erfahrungen mit uns, feinsinnig und präzis formuliert und in jedem Fall weniger Klage, vielmehr Appell, die Themen dieses Buches auch als Bestandteil des Lebens zu akzeptieren.