Lea: Eine Tragödie, die sich ganz langsam, aber umso bedrohlicher entrollt. Regelmässig wird eine Katastrophe angedeutet. Es dauert - man liest rund 400 Seiten. Langweilig wird es nie. Aber in der Hälfte des Buches brauchte ich eine Atempause, weil der Spannungsbogen zwar da war … sich aber sehr in die Länge zog.
Lea ist die Hauptperson, aber erzählt wird ihre Geschichte aus der Sicht des Vaters. Lea tauscht nur wenig Informationen mit ihrem Vater - er findet den Zugang nicht zu ihr. Er kann sie nur beobachten, bewundern, zweifeln. Er und Lea scheinen wenig zu reden. Er bewundert ihre Eleganz, ihre Anmut, und wie sich ihre Stimmung in ihren Augen äussert. Er vergöttert sie. Er ist eifersüchtig, wenn sie andere Leute vergöttert statt ihn selbst (und das passiert die ganze Zeit). Es dreht sich alles nur um seine Tochter - oder zumindest um das, was von seiner Tochter in seinem Leben übrig geblieben ist. Stille.
Aber genau von dieser Stille lebt der Roman auch. Er baut auf der Verzweiflung und Einsamkeit des Vaters. Dem Unvermögen, loszulassen und sich neu auf das Leben einzulassen. Er, der seiner Tochter alles gibt, was er zu geben hat, und dafür nur Stille zurückbekommt. Wie viel Unausgesprochenes der Autor zwischen den Zeilen zu vermitteln mag, ist bewundernswert.
Das Buch heisst Lea. Aber es geht in erster Linie um den Vater. Denn es geht nicht um Lea, wie sie wirklich ist, sondern um die Lea, die der Vater sieht. Lea, sein Universum. Ohne sie ist er nur ein Schatten. Man ahnt das Ende schon von Anfang an - und muss doch bis zur letzten Seite lesen, um es zu akzeptieren.