Meinem Sohn lese ich zum einschlafen die Gedichte von Ringelnatz vor. Immerwieder muss ich über einige Wörter holpern wenn zum Beispiel das Wort “Neger” benützt wird. Ringelnatz hat die Sprache des frühen zwanzigsten Jahrhunderts benutzt. Da muss man als Papa im 21. Jahrhundert mal schnell beim lesen umschalten und andere Wörter wählen aber das sollten wir können.
Ringelnatz selber war aber Mensch seiner Zeit, das war die Sprache (wenn auch nicht mehr ok), sein anliegen war aber ein anderes. Kindern und anderen Menschen Selbstvertrauen und Frechheit zu geben. Von daher ist er er ein ganz wichtiger Autor und seine Werke ein Kulturschatz. Nebst dem war er den Nazis ein Dorn im Auge, man mag ihm seine Sprache Verzeihen…Ein Kind seiner Zeit.
Der erst April
Der Fritz und Hans, der Brüder zwei,
Die treiben ewig Neckerei.
Zumal dem Hans macht’s grossen Spass,
Den Fritz zu führen an der Nas’,
Einstmals sind alle zwei zu Haus.
Zum Fenster still sieht Hans hinaus,
Indessen Fritz am Tische sitzt
Und über Schularbeiten schwitzt.
Da ruft Hans plötzlich: "Schau mal hier!
Ein Krokodil! Uh, welch ein Tier!"
Fritz stürmt ans Fenster: "Krokodil?
Wo?" - “Angeführt! April! April!”
(Den selb’gen Tags, als das passierte,
Begann in Wirklichkeit der Vierte.)
Nun, dieser Scherz ist bald vergessen. -
Doch später, nach dem Mittagessen,
Ruft Hans am Fenster wieder laut:
“Fritz, Fritz! Ein Pferd mit weisser Haut!”
Doch Fritzchen merkt, was jener will:
"Du schickst mich nicht in den April!
Ich wette Tausend gegen Zehn,
Kein solches Pferd ist jetzt zu sehn."
"Nun gut, du magst das untersuchen:
Es geht um einen Pfefferkuchen."
Als Fritz nun auf die Strasse schaut -
Steht dort ein Pferd mit weisser Haut.
Er kratzt sich hinter seinem Ohren
Und seufzt enttäuscht: “Ich hab verloren.”
Am selben Tag (die Uhr schlägt acht)
Wüscht Hans dem Bruder gute Nacht
Und trollt am Fenster sich vorbei.
“Fritz”, schreit er plötzlich, "Zauberei!
Denk, eben guckt duchs Fenster hier
Ein junger Esel! Glaubst du mir?
Horch! Hörtest du nicht sein I-ah?"
Fritz zögert lang, dann spricht er: “Ja.”
Er tritt ans Fenster, späht hinaus -
Jedoch kein Grautier steht vor dem Haus.
“O Hans”, so spricht er indigniert,
“Du hast mich wieder angeführt!”
Das Hänschen aber lacht nicht schlecht.
"Nein dieses Mal bist du im Recht!
Das Eslein nämlich ohne Witz,
Das warst du selber, Bruder Fritz!"