Rezension zu Halbe Leben - Susanne Gregor
|Einzelband| Zsolsnay | Erschienen am 28.01.2025 | 3 Sterne
Im Zentrum dieses Romans stehen sich die beiden Frauen Klara und Paulina gegenüber. Klara ist erfolgreiche Architektin und bringt ihr Berufsleben, sowie Ehemann, Kind und Haushalt knapp unter einen Hut. Als ihre Mutter jedoch zum Pflegefall wird, holt sie sich eine Pflegekraft aus der Slowakei. Hier kommt Paulina ins Bild: Alleinerziehende Mutter zweier Söhne, die ihre Familie knapp über Wasser halten kann. Das Jobangebot aus Österreich kommt wie gerufen. Aber ist es so perfekt, wie es scheint?
Halbe Leben beleuchtet die Leben zweier Frauen, welche beide mit ihrem Schicksal hadern. Susanne Gregor beschreibt die daraus resultierenden herzzerreissenden und geradezu brutalen Szenen sehr distanziert und nüchtern. Dies hat mir als Leserin einerseits dabei geholfen, die Geschichte zu ertragen, andererseits hat mir die Verbindung zu den Charakteren zunehmend gefehlt. Mein Verstand analysierte die Grenzüberschreitungen gegenüber Paulina, die Überforderung von Klara und die Falschheit der Gesamtsituation zwar, ich fühlte allerdings dabei sehr wenig. Dadurch entstand bei mir der Eindruck, dass die Geschichte vor sich hinplätscherte, ohne mich nennenswert zu berühren.
Die Charaktere wirken gut ausgearbeitet und erfüllen in gleichem Masse ein Klischee, eine vorgefertigte Rolle, bringen allerdings auch ihre Eigenheiten mit ein. Dadurch wären sie eigentlich sehr nahbar gewesen, hätte mir hier der Schreibstil nicht einen Strich durch die Rechnung gemacht. Ich habe die Authentizität der Figuren trotzdem geschätzt.
Insgesamt habe ich die Grundaussage der Geschichte klar und deutlich verstanden: Kritik an den unterbezahlten und missverstandenen Pflegekräften aus der Slowakei, welche dazu verdammt werden, nur noch halbe Leben zu leben, um selbst zu überleben. Dies wurde deutlich gemacht und ich schätze es, dass die Autorin mit ihrem Werk auf diesen Missstand aufmerksam macht. Allerdings bin ich bis zum Schluss mit dem Schreibstil nicht warm geworden, weswegen die Geschichte insgesamt sehr blass geblieben ist, in meinen Augen.