Der Klappentext verrät uns eigentlich schon alles Wichtige, was wir über Daniela Kriens Roman «Mein drittes Leben» und ihre Ich-Erzählerin, Linda, wissen müssen. Deren langsame, mehrere Jahre dauernde Rückkehr ins Leben beschreibt Daniela Krien ganz behutsam. Sie urteilt nicht über Linda, beschönigt nichts und lässt ihr Zeit. Linda konzentriert sich auf kleine, unbedeutend erscheinende Routinen und den Lauf der Natur. Es ist ein ruhiges, kraftvolles Erzählen, bei dem zugleich die tiefe Trauer und Verzweiflung der Protagonistin spürbar werden. Diese Mischung empfand ich als enorm schön zu lesen. Stark fand ich, wie Linda sich in einer schwierigen Situation aus dem «ich» ins «sie» rettet, wie sie sich von aussen betrachtet und uns mitnimmt. Der Rahmen der Erzählung verläuft chronologisch, doch darin eingebettet wird Linda immer wieder von Erinnerungen mitgerissen. Erinnerungen an ganz verschiedene Phasen ihres Lebens, manche davon intensiver als andere und daher auch mehr Raum einnehmend. Daher springt sie auch in der Zeit vom mehrheitlichen Präsens ins Präteritum etc. Was Krien ebenfalls zu zeigen gelingt, ist die Komplexität menschlicher Beziehungen, unserem Ringen um- und miteinander, unseren widersprüchlichen Emotionen.
«Mein drittes Leben» ist eine heilsame, hoffnungsvolle Lektüre, gerade auch, aber nicht nur für schwierige Zeiten.