Die Lebenswege zweier Frauen kreuzen sich zu einem Zeitpunkt, als beide vor großen Herausforderungen stehen: Atlanta ist unerwartet schwanger und trauert um den Kindsvater, während Eva mit dem Herzenswunsch ihrer todkranken Mutter konfrontiert ist: Enza soll die Familie ihres vor Jahren verstorbenen Vaters in Sizilien besuchen.
Atlanta, sonst strukturiert und vorausplanend, taumelt von einer Affekthandlung zur nächsten. Sie sucht nach Antworten zum Tod ihres Liebsten und hofft, diese auf der Reise zu finden. Aus einem Impuls heraus reist sie mit Enza nach Freiburg und der Roadtrip nimmt seinen Lauf. Die Reise auf unterschiedlichen Wegen, diversen Transportmitteln und mit unerwarteten Turbulenzen, hat mir gut gefallen – die Sprache ist geschmackvoll, einnehmend und den Charakteren angepasst.
Was mir besonders gut gefällt, ist die Erzählstruktur: abwechselnd aus der Sicht von Atlanta, dann wieder von Enza. Wobei die Autorin die Sprache der Charaktere anpasst; das macht sie auf eine unaufdringliche, elegante Weise, sodass es leicht wirkt: wie die Figur die Welt erlebt, wie sie geht, wie sie fühlt, welches Temperament sie hat, wie sie mit dem Umfeld in Beziehung tritt, welche Bewältigungsstrategien sie wählt, wie sie Entscheidungen trifft usw.
Wir erfahren von der introvertierten Enza, die zärtlich über den Sattel ihres Fahrrads streicht bevor sie aufsteigt, und dass sie den Wind auf der Haut mag. Von Atlanta erfahren wir, dass Mathematik und Struktur beruhigend auf sie wirken und dass sie viel grübelt. Sie könnten unterschiedlicher kaum sein, sowohl im Charakter als auch in körperlicher Hinsicht. In vielen Rückblenden vertiefen sich die persönlichen Hintergründe der Charaktere, sodass wir sie zu kennen und zu verstehen glauben (insofern sie sich selbst verstehen), und wir erleben mit, wie sie sich persönlich weiterentwickeln während der Reise. Das ist meiner Ansicht nach die Stärke dieses Buches.