Rosa fällt, weil sie nicht weiss, wer sie ist. Sie wächst im Schatten ihrer legendären Mutter und zwischen zwei charakterstarken Freundinnen auf. Dabei scheint sie nicht imstande zu sein, ein eigenes Selbst zu entwickeln. Sie definiert sich über Umstände und ihre Beziehungen zu anderen Menschen. Und als sie dann als Erwachsene aufhört Erwartungen zu erfüllen fällt sie in sich zusammen wie ein Kartenhaus. Daraufhin schweift sie immer mehr in ihre Vergangenheit und ihre Erinnerungen ab, so dass sie den Bezug zur Gegenwart und zur Realität zunehmend verliert. In ihrer Verzweiflung versucht sie andere Menschen von Damals mitzuziehen in ihrer Achterbahn der Nostalgie – stösst dabei jedoch auf Ablehnung, die sie weder versteht noch akzeptiert und gerät schlussendlich immer tiefer in Isolation und Einsamkeit. Dabei ist sie in ihrer Verzweiflung sehr selbstgerecht. Sie sieht nur ihr eigenes Leid und kann keine anderen Standpunkte verstehen. Ihre Problemlösungsstrategie besteht aus Alkohol, Zigaretten, Sex und Stalking. Das muss man beim Lesen erstmal aushalten.
Und hier beginnt meine Kritik. Rosas Verhalten wird nicht reflektiert - und bleibt dadurch trotz der ganzen Schwere irgendwie oberflächlich. Ihr Charakter erlebt kaum Wachstum und die Geschichte keine wirkliche Auflösung. Als Leserin blieb es mir überlassen, mich ob Rosas aneckendem Verhalten selbst zu reflektieren – aber ich hätte mir gewünscht, dass diese Themen im Buch diskutiert werden und die Botschaften nicht lediglich durch «Vibes» und zwischen den Zeilen mitschwingen.
Allgemein ist dieser Roman nahe an der Kategorie «Just Vibes» angesiedelt. Es gelingt der Autorin auch hervorragend, die Stimmungen zu transportieren. Die Nostalgie tropft geradezu von den Seiten. Doch ich frage mich, ob nahezu psychotisches Verhalten das richtige Ausgangsmaterial ist für «Just vibes».
Fazit: Für mich war «Nowhere Heart Land» eine unangenehme Lektüre, die mich etwas verstört und mit vielen Fragen zurückgelassen hat. Das Lesevergnügen war nicht besonders gross und dafür konnte ich schlussendlich zu wenig mitnehmen. Ich sehe jedoch das Potenzial in der Autorin – die über ein erstaunliches Gefühl für Sprache verfügt. Ich bin gespannt, wie sich ihre Werke entwickeln werden.