Mit „Die letzte Fahrt des Zaren“ legt Jörg Baberowski ein eindrucksvolles historisches Porträt der letzten Tage der Romanows vor – präzise, nüchtern und dennoch von einer bedrückenden Intensität. Der renommierte Historiker widmet sich in diesem schmalen, aber dichten Band der Gefangenschaft und Ermordung der Zarenfamilie nach der Oktoberrevolution und bettet das Geschehen in den größeren Kontext der Gewaltgeschichte Russlands ein.
Baberowski geht es nicht um romantisierende Rückblicke oder emotionale Ausschmückung. Stattdessen analysiert er mit geschultem Blick die politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen, die zum Untergang der Zarenfamilie führten. Dabei wird deutlich: Die letzte Fahrt des Zaren war nicht nur eine persönliche Tragödie, sondern ein Symptom für den Zerfall einer ganzen Ordnung. Die Ausführungen zur Radikalisierung der Bolschewiki und der Entgrenzung politischer Gewalt sind besonders eindrücklich – und sie werfen zugleich Fragen auf, die über das historische Ereignis hinausweisen.
Stilistisch schreibt Baberowski klar, konzentriert und mit wissenschaftlicher Distanz, ohne den Leser emotional kalt zu lassen. Gerade diese Mischung macht das Buch so lesenswert – es ist weder populistisch noch trocken, sondern geschichtsbewusst und differenziert.
Fazit:
„Die letzte Fahrt des Zaren“ ist ein kluges, kompakt geschriebenes Werk, das weit über das Schicksal der Zarenfamilie hinausblickt. Es beleuchtet die Mechanismen revolutionärer Gewalt und zeigt, wie aus Ideologie und Machtwillen tödlicher Fanatismus erwächst. Für alle, die sich für russische Geschichte, politische Gewalt und die Tragik des Umbruchs interessieren, ist dieses Buch eine lohnende Lektüre.