Ich bin immer interessiert daran, wenn es um Mythologieerzählungen geht, auch wenn ich hier offen sagen muss, dass es hier definitiv nicht das Cover ist, was mich angesprochen hat. Das war vermutlich auch der Grund, warum ich das Buch tatsächlich auch erst zum ersten Mal entdeckt habe, als die Übersetzung angekündigt wurde (wobei dort ja leider auch keine Änderungen am Cover vorgenommen wurden).
Die Thematik an sich wirkte aber interessant und es hat mich dann natürlich auch riesig gefreut, bei der Leserunde mitmachen zu dürfen. Was dann schon mal als erstes grosses Plus heraussticht, ist die Tatsache, dass man sich nicht nur auf die bekannten Hauptgötter beschränkt. Auch wenn die Götter tatsächlich sehr nebensächlich bleiben, so sind immerhin mehr als nur die gefühlt immer gleichen drei Namen genannt worden, wenn es um die Erwähnung der Götterkinder geht. Das sorgt somit natürlich auch gleichzeitig für ein breiteres Spektrum an Fähigkeiten, die aufgewiesen werden.
Es gibt auch viele interessante Geschehnisse im Buch, aber irgendwie wirken sie für mich nicht zusammenhängend. Vieles wird erzählt, aber irgendwie auf der nächsten Seite geht es schon mit etwas anderem weiter und meist ist das, was schon irgendwie geschehen ist dann auch nicht mehr relevant. Je länger die Geschichte vorangeht, desto mehr ist das der Fall. Am Anfang war alles noch logisch aufgebaut, aber dann verliert sich das Ganze, weil man ja eigentlich nicht wirklich weiss, wohin man die Geschichte bringen soll.
Auch andere relevante Dinge wie die Frage, wie viele Jarls es überhaupt im Gesamten gibt, werden nicht geklärt. Wenn mal wieder eine Bedrohung gebraucht wird, taucht dafür einfach mal ein neuer ganz ohne Kontext auf. Bei keinem der Stämme erkennt man so, wie der Zusammenhalt aussieht und wer mit wem verbündet oder verfeindet ist. Man weiss so auch nicht, wie weit Snorri nun mit der Mission ist, Skaland zu vereinigen, weil alle Figuren einfach kontextlos ins Feld gesetzt werden. Ich konnte so einfach durch das gesamte Buch hindurch nie wirklich eintauchen.
Dieses Problem des fehlenden Kontextes sieht man auch bei vielen der Hauptfiguren. Freya wirkt auf mich etwas seltsam, gerade weil sie auch selbst so sprunghaft ist und eigentlich kein Ziel hat. Ylva wurde bereits als böse bezeichnet, noch bevor sie irgendetwas getan hat und das erste, was sie dann getan hat, war Mühe damit zu haben, dass ihr Ehemann nun mit einer anderen die Ehe vollziehen soll, was ja alles andere als falsch ist (erst später ist sie dann auch klar eine Antagonistin der Geschichte, aber zu Beginn, ohne Kontext ist diese Beschreibung einfach fehl am Platz). Geir wird als schwach und beinahe dumm bezeichnet, obwohl gleichzeitig erzählt wird, wie er sich den Weg zum Krieger selbst hochgekämpft hat und wird dann von Freya verurteilt, als er seinem Heerführer endlich in die neue Festung nachfolgt, weil er auch den Treueschwur ihm gegenüber einhalten will.
Gerade Freya ist mühsam. Sie weiss eigentlich, wie sie sich unterordnen muss, will aber nicht und tut es meist trotzdem. An sich ist das ja keine schlechte Sache, denn auch das kann eine Strategie sein, die dazu führt, dass man erst mal unterschätzt wird, aber solche Begründungen werden irgendwie nicht gegeben. Dadurch, dass ich erst gerade ein anderes Buch mit ähnlicher Handlung einer Protagonistin gelesen habe, fällt das umso mehr auf (Malini aus «Der Jasminthron» gibt sich auch als schwaches Mädchen aus, das teils nicht anders kann, als die Regeln zu befolgen, nutzt aber genau diese Strafe nun gezielt zu ihren Vorteil, um eine stille Rebellion zu bilden). Bei Freya erkennt man keine solchen Motivationen. Was ihr Ziel ist, ausser nicht mehr auf Regeln hören zu wollen, ist eigentlich noch immer unklar, aber es gibt kein endgültiges Ziel, dass klarmachen soll, wohin die Handlung nun führen soll. Nur, warum sie sich Vragi einmal untergeordnet hat, ist noch verständlich erklärt, aber danach lösen sich alle Begründungen und Motivationen schnell ins Nichts auf. Auch andere Ansichten sind bei ihr nicht klar.
Das kommt zum Beispiel in einer Szene gegen Ende zu auch zum Vorschein. Sie haben gerade einen Kampf gewonnen. Freya fühlt sich schuldig für die verlorenen Leben, was ja verständlich ist. Dann aber kommt plötzlich ein blöder Kommentar, warum sie denn nun alle so verschreckt ansehen und dass man ja doch lieber dankbar sein soll und dann fühlt sie sich wieder schuldig für den Tod der anderen. Dieser seltsame Einschub hätte man sich echt sparen können, denn man hat so nun keine Ahnung, wo man mit Freya steht. Solche Dinge machen es einfach extrem mühsam, irgendwie ein Bild von den Figuren und der Geschichte zu bekommen.
Das ist im Gesamten nun ziemlich viel Kritik. An sich habe ich die Idee immer noch geliebt und man kann, auch wenn man nicht eintauchen kann, der Geschichte noch immer folgen. Die Umsetzung ist halt einfach nur mangelhaft. Die Handlung hat kein Ziel, weil auch die Figuren ohne klares Ziel geformt wurden. Wären nur schon Freyas Ziele klar gesteckt, wäre schon vieles besser, denn dann hätte man eine rote Linie an der man sich orientieren kann, wodurch auch die Geschichte nicht aus der Bahn fallen würde.
Auch das Versetzen der Handlung in die echte Welt hätte vielleicht schon einmal geholfen zu zeigen, wie und wo die Mission Snorris hinführt. Man hätte klare Grenzen gehabt und sich auf eine feste Anzahl Stämme einigen können. Das hätte meiner Meinung nach bei einer solch unsicheren Schreibweise einen besseren Rahmen gebildet. Denn von der hier erfundenen Welt bekommt man leider eben auch nicht wirklich mit, wie sie aufgebaut ist.
Für mich gibt das Buch einfach das Gefühl, als sei es erst eine erste Version der fertigen Geschichte, die nun aber erst noch stark überarbeitet werden sollte, sodass Figuren, Welten und Ziele klar sind. Die Autorin hatte vielleicht ein Bild davon, konnte es so aber nicht herüberbringen und ich konnte so auch nicht eintauchen. Es macht es für mich momentan schwierig zu entscheiden, ob ich weiterlesen möchte oder nicht. Ich möchte der Autorin klar gerne nochmals eine Chance geben, aber vermutlich ist es besser, wenn ich das mit einem anderen Buch von ihr tue. Noch bin ich unsicher. Von mir gibt es für dieses Buch momentan drei Sterne.