Dass diese Bücher in Japan Bestseller geworden sind, erstaunt mich nicht: Nostalgisch geprägte Erzählungen rund um liebevoll und sorgfältig zubereitete Köstlichkeiten wecken bei abgespannten Menschen aus Tokio ländliche Kindheitserinnerungen.
Das Ganze spielt in der traditionsreichen Stadt Kyōto, der einzigen japanischen Stadt, die im Zweiten Weltkrieg nicht bombardiert wurde. Die Holztempel, Holzhäuser, schmalen Gassen und das Geishaviertel bilden den bezaubernden Hintergrund der sieben Erzählungen. Wie für viele japanische Romane typisch, werden Straßen und öffentliche Verkehrsmittel mit realen Namen benannt.
Die geografische Orientierung beginnt stets am Higashi-Honganji-Tempel an der vom Hauptbahnhof abgehenden Karasuma-Straße. Nach Osten zweigt die nicht minder bekannte Shōmen-dōri (Straße) ab, wo sich das (vermutlich fiktive) Kamogawa-Shōkudō (Gaststätte), ein Geheimtipp, befindet. Es ist nicht angeschrieben und inseriert ohne Adressangabe in einer kleinen Gourmet-Zeitung.
Geführt wird das Shōkudō vom Witwer Nagare und dessen Tochter Koishi, die zusätzlich eine Gerichte-Detektei betreiben. Menschen, die beispielsweise noch einmal den Schmortopf genießen möchten, den ihnen die Großmutter vor 40 Jahren gekocht hat, beauftragen Nagare und Koishi, das Rezept zu finden und für sie zuzubereiten. Dabei spielen die richtigen Zutaten eine wichtige Rolle. Dazu muss man Wissen, dass die Japaner*innen stolz sind für ihre lokalen Besonderheiten und dazu gehört auch die Verwendung von Wasser aus der entsprechenden Gegend.
In jeder Kurzgeschichte wird ein Gericht gesucht, das anhand der persönlichen Geschichte der Auftraggeber*in beschrieben wird. Dabei erfährt man viel über deren Schicksale. Es geht um Nostalgie, Liebe, Schuld, Versöhnung und inneren Frieden.
Nagare wird als weiser, liebevoller Mann dargestellt, und seine Tochter Koishi als zugewandte, hilfsbereite junge Frau. Sie helfen den Menschen auf kulinarischer und emotioneller Ebene und am Ende jeder Geschichte essen sie zu zweit etwas aus ihrer Küche - einmal gar ein Picknick unter Kirschbäumen. Die Feelgood-Geschichten beschreiben detailliert die einzelnen Zutaten eines Gerichts, deren Herkunft und Verarbeitung. Diesen Informationen konnte ich nur beschränkt folgen, aber das tat meinem Lesegenuss keinen Abbruch.
Empfehlenswert für Menschen, die japanisches Essen lieben und gern im positiven Japan-Image der sinnerfüllten Gelassenheit baden möchten.