Ich habe das Buch regelrecht verschlungen – und genau das lag für mich auch an der Hauptfigur, über die in anderen Rezensionen oft gesagt wird, sie sei kühl und distanziert. Ja, das stimmt irgendwie. Aber genau das macht Bright Young Women aus.
Die emotionale Distanz zur Protagonistin war für mich kein Mangel, sondern ein Stilmittel. In einem Buch, das sich mit so realen, tiefgreifenden Themen wie Gewalt, Täter-Opfer-Dynamiken und struktureller Diskriminierung beschäftigt, braucht es nicht zwingend eine Figur, in die man sich komplett hineinfühlen kann. Manchmal ist gerade diese gewisse Distanz wichtig, um das größere Bild zu erfassen – und das gelingt hier eindrucksvoll.
Was mich besonders fasziniert hat: Die Geschichte stellt nicht den Täter in den Mittelpunkt (den jeder kennt), sondern zeigt eine neue Perspektive – die der Frauen, die allzu oft übersehen oder auf eine Rolle reduziert werden. Die Autorin bringt dabei viele gesellschaftliche Aspekte aufs Tapet, besonders die Diskriminierung und Erwartungshaltung gegenüber Frauen in der damaligen Zeit. Und leider wirken manche davon bis heute nach.
Ein starkes, eindringliches Buch, das einen lange nicht loslässt – nicht trotz, sondern gerade wegen seiner ruhigen, kontrollierten Erzählweise.