Meral Kureyshi schreibt auf eine besondere Weise, in die ich mich zunächst einlesen, die ich dann aber unheimlich gern gewonnen habe. Das fängt bei ihrer Ich-Erzählerin an, die so gar nicht ins gesellschaftliche Narrativ passt und von der ich vermute, dass sie ein ganz klein wenig autofiktionale Züge trägt. Obwohl das Buch gerade mal 216 Seiten hat, beleuchtet Kureyshi mit ihrem sprunghaften, assoziativen, verkürzten Erzählstil die Figuren, ihre Geschichten und ihr Beziehungsgeflecht in enorm vielen Facetten. Hier wurde sicher kaum ein Wort, kein Absatz oder Seitenumbruch dem Zufall überlassen und es sind gerade die Brüche, die sich auch in der Erzählfigur zeigen. Innere Widersprüchlichkeiten, Sehnsüchte, Ängste, Frustmomente, die unser aller Leben prägen, können wir hier verdichtet erleben.
Vom Ton her ist es leicht schwermütig, ruhig und lädt zum Abtauchen und Auftanken ein. Auch diesem Buch wird meine Rezension nicht gerecht, aber wer literarische, authentische Bücher mag, wird sicher Freude an «Im Meer waren wir nie» haben.
PS: Bonus für mich war, dass ich immer wieder den Eindruck hatte, Bern zu erkennen in der Geschichte, auch wenn es als Handlungsort nicht explizit genannt wird.