Im Wien der 1960er Jahre pachtet der Arbeiter Robert Simon ein Café und findet keinen Namen – und dabei bleibt es. Das Café ohne Namen ist der Mittelpunkt, um den sich diverse Geschichten ranken: die des Fleischermeisters, des Kunstmalers und seiner eifersüchtigen Freundin, die Milas und ihrem Boxer, des alten Georg und einige andere, die ohne grosses Aufheben wieder verschwinden. Die Erzählstimme wechselt die Perspektive und passt die Sprache jeweils der jeweiligen Person und ihres Zustandes an (z.B. betrunken). Das fand ich sehr schön und macht die Figuren glaubwürdig. In manchen Kapiteln hört man das gängige Gasthausgeplapper, die wie ein Chor in einem Drama, eine gemeinschaftliche Atmosphäre entstehen lassen und über die Gerüchte und Meinungen verbreitet werden. Man erfährt dort, wie heute in sozialen Medien, den neuesten Klatsch.
Seethalers Sprache verleiht dem Buch seinen Glanz und lässt mich darüber hinwegsehen, dass mich die Geschichten und die Menschen nicht so richtig zu berühren vermochten. Vielleicht hatte ich zu hohe Erwartungen nach den anderen Büchern, die ich von ihm gelesen hatte.