Amitav Ghoshs The Calcutta Chromosome beginnt wie ein scheinbar wissenschaftlich fundierter Medizinthriller, der sich um Malariaforschung und Epidemiologie dreht. Man folgt dem Datenanalysten Antar, der zufällig in eine jahrzehntealte Geschichte verwickelt wird, die um den britischen Forscher Ronald Ross und seine bahnbrechenden Entdeckungen kreist. Was zunächst als nüchterne Rekonstruktion wissenschaftlicher Fakten erscheint, entwickelt sich jedoch bald zu einer vielschichtigen, fast esoterischen Erzählung über alternative Wissensformen und eine geheime Bruderschaft, die ihren eigenen Plan verfolgt.
Die erzählerische Struktur ist anspruchsvoll: Verschiedene Zeitebenen und Perspektiven verweben sich zu einem undurchsichtigen Geflecht aus Indizien und offenen Fragen. Besonders faszinierend ist, wie Ghosh die Grenzen zwischen Wissenschaft und Mystik verschwimmen lässt – allerdings auf eine Weise, die für mich mehr Fragen aufwarf als beantwortete.
Während der Roman mit einer dichten, atmosphärischen Spannung punktet, kann die Auflösung frustrieren. Wer sich auf ein literarisches Experiment einlassen möchte, wird hier fündig, aber wer auf Antworten hofft, wird wohl besser nach einem anderen Buch greifen.