Caroline Wahls 22 Bahnen hat mich fasziniert – nicht nur wegen der ruhigen, beinahe meditativen Atmosphäre des Schwimmbads, sondern vor allem wegen der einfühlsamen Charakterzeichnung. Im Zentrum steht Tilda, eine junge Frau, die sich durch ihre Routinen im Wasser Halt schafft und ihr Bestes gibt, das Leben zu meistern. Ihre sympathische, reflektierte Art machte sie mir sofort nahbar.
Besonders gelungen fand ich die Darstellung ihrer Kindheitsfreundin Marlene – eine Figur, die mich fast in den Wahnsinn trieb. Ihre Selbstbezogenheit und ihr distanziertes Verhalten wirkten gleichzeitig realistisch und frustrierend. Wahl beschreibt eindrucksvoll, wie Freundschaften sich verändern, wie Nähe und Distanz sich verschieben und wie wir das, was wir haben, oft erst wertschätzen, wenn es zu entgleiten droht.
Die klare, reduzierte Sprache unterstreicht die stille Intensität der Geschichte. Die Fortsetzung Windstärke 17 erwarte ich mit grosser Spannung – denn Tildas Welt hat mich nicht losgelassen.