Im Prolog steht Suzanne Langlois vor einer Schulklasse und erzählt. Sie sagt, Mitte April 1944 fahren wir nach Deutschland. …. Sie sagt, vier Tage später ist der Konvoi am Ziel. Viele Male hat sie schon den Vortrag gehalten. An diesem Tag stellt ein Mädchen Fragen, andere, als sie sonst hörte: “Wann haben Sie dann verstanden, dass Sie nach Ravensbrück fahren?”
Danach ist es die Rückblende in die Zeit der Ankunft im Lager. Mit ihr kommt auch ihre Cousine Lisette ins Lager. Suzanne trägt im Lager den Namen Mila. Sie ist jung, schwanger, politische Gefangene. Die Ankunft in einem überfüllten Lager, die Zahnbürste und den die leere Blechbüchste als Essnapf immer angebunden. Krankheit, Ruhr, Kot und Urin nicht nur in der Toilette. Die Aufseherinnen mit den Peitschen. Wer eine falsche Geste macht, wird geschlagen. Kontrollen, wer offene Beine hat, zu krank ist um zu arbeiten. Die schwarzen Transporte mit denen Frauen in ein anderes, “angenehmeres” Lager gebracht werden und die Kleider mit den Nummern dieser Frauen, die wenige Tage später zurückkommen. Das Krematorium, das manchmal Tag und Nacht in Betrieb ist. Mila versteckt ihre Schwangerschaft. Es gibt weitere wichtige Personen, Georgette und Teresa.
Sich einfach treiben lassen oder nicht aufgeben. Was kann in einer solchen Situation überhaupt Mut machen und den Willen zu überleben nicht sterben lassen?
Gepackt von Mitleid, von tiefer Zuneigung, könnte man meinen. Wagt vielleicht nicht, dieses Geständnis zu glauben, das etwas vom normalen, gewöhnlichen Leben ins Lager bringt, etwas von draussen. Das die Grenze niederreisst, wie Teresa es immer verlangt. Das Lager, eine Spielart des normalen Lebens. Das ist heftig, begreift Mila. Unerwartet.
Im Epilog kehrt man wieder zurück zu Suzanne Langlois und der Schulklasse - so wird der Bogen gemacht.
Ich habe das Gefühl, noch nie ein Buch gelesen zu haben, in welchem das Entsetzliche, das in den Lagern geschehen ist, so hautnah geschrieben war. Es wird nicht benannt, es werden die Tage, die Geschehnisse aufgeschrieben, ohne spezielle “Ausschmückungen”. Es wirkt nichts übertrieben oder sentimental. Eine grosse Kunst und wichtig, die Vergangenheit nicht in Vergessenheit geraten zu lassen, das Wissen, wie fürchterlich Menschen mit anderen Menschen umgehen, wenn sie nur von den entsprechenden Seiten dazu angehalten werden.
Ein vorbehaltlos sehr lesenswertes Buch mit einem heftigen Inhalt, geschrieben in einer hervorragenden Sprache.
Wenn sie in die Schulklasse zurückkehrt, wird Suzanne Langlois genau das sagen: "Man braucht Historiker, um über die Ereignisse zu berichten; Zeugen, die ihre persönliche Geschichte erzählen, und Schriftsteller, um zu erfinden, was für immer verschwunden ist: den Augenblick.