Neugierig war ich auf Julia Schochs Trilogie «Biographie einer Frau». Und das bin ich nach dem Auftakt, «Das Vorkommnis», auch weiterhin. Auffällig fand ich auf den ersten Seiten die verkürzten Sätze – das ändert sich im Verlauf der Erzählung. Möglicherweise drückt die autofiktional wirkende Ich-Erzählerin damit ihren Schock aus. Schock, weil eine unerwartete Begegnung ihr Leben und die Geschichte, die sie sich bisher über ihr Leben erzählt hat, in Frage stellt. Vor allem darum scheint es mir in «Das Vorkommnis» zu gehen: unser Bemühen, die vielen, oft willkürlichen Begebenheiten, aus denen unser Leben besteht, zu einem kausalen Narrativ zu formen. Die Ich-Erzählerin schildert im Rückblick von dem Jahr, das auf diese Begegnung folgt und dass sie in der Zeit nicht nur die Geschichte ihrer Eltern und ihrer Kindheit hinterfragt, sondern unter anderem auch die Beziehung zu ihrem Mann. Wie gut kennen wir einander wirklich? Was bleibt Kindern von ihren Eltern verborgen? Was Geschwistern und/oder Ehepartnern voneinander? Wie gut kennen wir uns selbst? Oder ist auch das nur eine Geschichte, die wir uns erzählen? Und wie gehen wir mit diesen Ungewissheiten um?
Schreibend, im Fall unserer Ich-Erzählerin, deren Gedankengängen ich unheimlich gern gefolgt bin, gerade auch jenen zu Mutterschaft und Frausein – ihrer eigenen, aber auch jener ihrer Mutter und der Schwester. Wie es Gedanken üblich ist, springen sie zwischen Erinnerungen/Themen/Ideen hin und her. Manches schreibt die Ich-Erzählerin dabei in Klammern, teils scheint sie ungläubig, aber auch mit feiner Selbstironie auf ihr jüngeres Ich zu blicken.
Gespannt widme ich mich nun den nächsten beiden Bänden.