müsste man erfinden, wenn es sie nicht gegeben hätte. Ein grossartiges Lesevergnügen dank ihnen und dem Meyerhoffschen ganz eigenen Schreibstil.
In diesem dritten Band des sechsteiligen autobiografischen Romanzyklus erzählt Joachim Meyerhoff von seiner Zeit in der Schauspielschule und seinen Anfängen in diesem Metier. Wie schwer er sich tat mit den an ihn gestellten Aufgaben, wie negative Kommentare und Bewertungen einstecken musste und die Überlegungen, die er sich bei allem gemacht hat, so sehr, dass sie ihm eher hinderlich waren. Mindestens ebenso viel Gewicht und Raum nehmen aber seine Grosseltern ein. Er wohnt nämlich während etwa drei Jahren bei ihnen und da kommen neben den Erlebnissen des Zusammenlebens durchaus Erinnerungen aus der Kindheit zutage, gemeinsame Wanderungen für welche die Kinder angemessene Kleidung zu tragen hatten. Die Essstühle, welche bis zum Erreichen des dreizehnten Lebensjahres mit einem Schutzüberzug geschützt wurden. Man erfährt mehr von den Grosseltern, ihrer Berufslaufbahn und wie sie sich kennengelernt haben. Ja, die Grosseltern, ihre ausgeprägten Wesenszüge, sind wohl die Hauptsache in diesem tollen und unterhaltsamen Buch, endet es doch nicht einfach mit seinem Auszug aus ihrem Haus sondern fliesst dann noch etwas weiter, weniger detailliert und schneller durch die Zeit gehend.
Meyerhoff ist ein unglaublicher Beobachter - es scheint, als ob er sich in seinem Betrachten manchmal verliert, vergisst, was ihm auch Unannehmlichkeiten einbringt. Wie er erzählt, hat seinen ganz eigenen Witz. Es wird keinen Moment langweilig, wenn man über etwa dreihundert Seiten mit ihm durch etwa drei Jahre seines Lebens gehen kann, durchmischt mit Erinnerungen an seine Kindheit und einem Auslaufenlassen des Buches in weitere Jahre, die aber thematisch auf den Kern des Buches zielen. Seine Grosseltern hat er verehrt, das kommt heraus, auch wenn er es nicht explizit benennt, genau so wie auch Tragisches seinen Platz hat, ohne zu dominieren. Bestimmt übertreibt er manchmal, was ihm verziehen sei, man unterhält sich köstlich ohne sich in seichtes Gebiet zu begeben.
- Da sie beide - mal mehr, mal weniger - nur noch mühsam laufen konnten, hatten sie sich einen Treppenlift einbauen lassen. Jeden Abend wollten sie einander den Vortritt lassen. Hatten sie sich geeinigt, schwebten sie würdevoll winkend davon. In sanftem Schwung die lange Treppe hoch.
- Drei Jahre lang sollten diese beiden komplett verschiedenen Welten mein Leben bestimmen. Einerseits die Schauspielschule, die mich mit aller Macht nach vorne trieb, in eine ungewisse Zukunft stiess, und andererseits die durch und durch bekannte Welt der Grosseltern, die gesättigt mit Vergangenheit, in ihrem wundervollen Haus in Nymphenburg verlässlich wie zwei wertvolle Uhren vor sich hin tickten.
- Und auch mit meiner Grösse hatte die Regisseurin Probleme. “Du hast dich nicht untä Kontrolle! Du bist zu laang. Du bist eine grosse Haufen Ungeschicklichkait. Mir scheint: deine ganze Körper ist dir Rätsäl.” Ich wurde als General in einen Rollstuhl gesetzt und zum Lachen und Weinen in die Ecke geschoben. Das war bitter.
- Die Wanderreichenfolge war ganz klar festgelegt. Der Grossvater ging immer voraus, gefolgt von der Grossmutter, der Mutter, dem ältesten Bruder, dem mittleren und dann mir. Durch diese Endposition war ich stets in der Gefahr, abgehängt zu werden und verloren zu gehen. Wenn ich auch nur eine Minute mit dem Stock in einem Ameisenhaufen herumbohrte und wieder hochsah, war die Familie bereits verschwunden und mich überkam ein beklemmendes Hänsel-ohne-Gretel-Gefühl.