Verschiebung im Gestein erzählt in kurzer, prägnanter auf das Wesentliche reduzierter Sprache die Geschichte von Alois, Elisabeth und einer jungen, namenlosen Frau. Ihre Geschichten sind wie Schichten im Gestein ineinander verwoben. Wie im Gestein werden auch bei den drei Personen Veränderungen durch Druck und Temperatur ausgelöst. Manchmal dauert es jedoch sehr lange, bis der Druck gross genug wird und eine der Personen aus dem bisherigen Gefüge ausbricht und etwas Neues wagt. Und manchmal braucht es auch Einflüsse von aussen, um eine Veränderung im Innern einer der drei Personen zu bewirken.
Die Erzählstränge von Alois und Elisabeth lassen sich gut mit geologischen Schichtfolgen vergleichen. Elisabeths Geschichte wird vom Anfang zum Ende erzählt - so wie sich auch Sedimente nach und nach ablagern. Bei Alois wird die Geschichte nach seinem Aufbruch jedoch vom Ende zum Anfang hin erzählt - so wie bei einer Überschiebung die älteren über den jüngeren Schichten liegen - oder auch wie wenn ältere Schichten nach und nach durch Erosion freigelegt werden. So wie es auch in der Geologie nicht immer eindeutig ist, wie sich Schichten ursprünglich abgelagert haben, sind auch die Geschichten von Alois, Elisabeth und der jungen Frau nicht immer eindeutig. Es darf viel zwischen den Zeilen interpretiert werden, vieles bleibt offen und die Autorin spielt auch geschickt mit der Erwartungshaltung der Lesenden.
Der Schreibstil beschränkt sich auf das absolut Notwendige, ohne unnötige Füllwörter. Manchmal beinhaltet ein einziger Satz ein ganzes Gespräch.
Fazit: Ein absolut lesenswertes Buch, das am Ende zu einem erneuten Lesen einlädt, um vielleicht doch noch Zusammenhänge zu entdecken, die beim ersten Lesen entgangen sind.