(Inhalt vgl. Cover)
Die Autorin beschreibt ihren Alltag als Einzelkind mit Eltern, die in der Nachkriegszeit ihren Platz finden mussten. Die Geschichte könnte auch als Erzählung, Dokumentation oder soziologische Fallstudie bezeichnet werden. Ich mag den klaren und bildhaften Schreibstil der Autorin. Dieser ist unspektakulär und gerade deshalb habe ich das Ganze vor Augen gehabt, mich nicht in Details verloren. In vielem habe ich mich in meine Jugendzeit hinein versetzt gefühlt:
- Höflichkeit war der herrschende Wert, das wichtigste Kriterium des gesellschaftlichen Urteilens.
- Was sollen die Leute sonst von uns denken?
- Immer wieder die Grundsätze: sich ein Beispiel nehmen an höflichen, netten, fleissigen Mädchen, aber nicht alles nachmachen.
Die Autorin geht von einem Schlüsselmoment in ihrer Kindheit aus und beschreibt anschliessend, wie sie dieser Moment eingeschränkt, verunsichert und in ihrer Entwicklung geprägt hat. Dies alles wie schon im Buch “Der Platz” nüchtern und hier auch ohne Verurteilung.
“Die Scham ist die letzte Wahrheit.” Diesen Satz habe ich erst begriffen, als ich am Ende des Buches angelangt bin. Die Autorin konnte 44 Jahre nicht über das Schlüsselerlebnis schreiben, tut dies erst als 56Jährige und es gelingt ihr (wie mir scheint), dies mit einer Sprache zu schreiben, als hätte sie es in der Gegenwart geschrieben.