“Der Vertraute” ist das neueste Werk von Leigh Bardugo. Der Name der Autorin steht für mich für Lesegenuss und Schreibqualität. Bardugo reichert hier eine historische Erzählung mit fantastischen Elementen an, was mich sofort neugierig machte.
Die Handlung spielt während des Goldenen Zeitalters Spaniens, einer Epoche von Reichtum und politischem Einfluss, die in Europa zur kulturellen Blüte führte.
In dieser Zeit lebt Luzia Cotado, ein bescheidenes Küchenmädchen, das von einem besseren Leben träumt. Durch ihre Fähigkeit, Wunder zu vollbringen, trifft sie schliesslich auf Victor de Paredes. Dieser sieht in ihr die Chance, seinen eigenen Ruhm und Reichtum zu vergrössern und nimmt Luzia unter seine Fittiche. Er stellt ihr seinen unsterblichen Vertrauten Guillén Santángel zur Seite, der ihr helfen soll, den König von Spanien zu beeindrucken und das gefährliche Torneo, zu gewinnen.
In Bardugos düsterer Welt verschwimmen die Grenzen zwischen Glaube, Wundern, verbotener Magie und Teufelsanbetung. Im Zeitalter der spanischen Inquisition kann schon der geringste Verdacht auf Ketzerei das Todesurteil bedeuten. Luzia riskiert dabei alles, denn obwohl sie die Gefahr kennt, kann sie ihren Traum nach Freiheit, Einfluss und Selbstbestimmung nicht aufgeben. Schon bald wird Luzia in ein Netz aus Macht, Intrigen und lebensbedrohlichen Gefahren hineingezogen.
Der Einstieg in die Geschichte war für mich etwas zäh, und ich brauchte eine Weile, um mich mit Luzia anzufreunden. Doch nach und nach entfaltete sich die Erzählung. Luzia bewegt sich ständig am Rande des Abgrunds auf der Suche nach einem besseren Leben. Sie erlebt erste romantische Gefühle und Freundschaft, bleibt aber stets wachsam, denn Verrat und Täuschung sind allgegenwärtig.
Leigh Bardugo ist die Meisterin facettenreicher Charaktere mit Ecken und Kanten. Ich mochte Luzias scharfen Verstand, ihren Mut und Eigensinn. Ab und zu handelt sie aber auch recht naiv und egoistisch. Sie ist eine starke Frau, die weiss, was sie will. Und sie ist bereit, für das Erreichen ihrer Ziele alles zu geben.
Guillén Santángel, auch El Alacrán (der Skorpion) genannt, ist ebenfalls ein interessanter Charakter, bleibt mir aber leider etwas zu blass.
Die historische Atmosphäre und die gesellschaftlichen Themen wie Politik, Krieg, Religion, Macht und Manipulation fand ich sehr interessant.
Bardugos bildhafter und flüssiger Schreibstil passt gut zur Geschichte, auch wenn ich an der einen oder anderen Stelle gerne ein etwas höheres Erzähltempo gehabt hätte.
Fazit:
magisch, düster, voller unterschwelliger Spannung
«Der Vertraute» entführt uns nach Spanien in die Zeit der Inquisition. Gekonnt verbindet Leigh Bardugo das historische Setting mit einer magisch-düsteren Atmosphäre und facettenreichen Charaktere. Ich brauchte zwar etwas Geduld, um in die Geschichte hineinzufinden, doch dann entfaltete sich diese ganz nach Bardugo-Manier.